Corona-Pandemie sorgt für mehr Nachfrage nach E-Signaturen

Daniela Becker, Area Vice President von Docusign, sieht, dass händisches Unterschreiben derzeit hinterfragt wird (Bild: Docusign)

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Daniela Becker, Area Vice President von Docusign, sieht, dass händisches Unterschreiben derzeit hinterfragt wird (Bild: Docusign)

Das Einholen von Unterschriften ist die größte Herausforderung von Mitarbeitenden mittlerer und großer Unternehmen im Home-Office. Zu diesem Ergebnis kam die Studie »Digitalisierung von Prozessen im Homeoffice in Deutschland« bei der das Marktforschungsunternehmen YouGov 1.004 Personen im Auftrag von Conga befragte. »Verträge und Vereinbarungen im Homeoffice zu unterschreiben, ist zeitaufwändig und verursacht Kosten«, so Signatur-Experte Fabian Grabicki von D-TRUST, einem Unternehmen der Bundesdruckerei-Gruppe. »Dokumente müssen ausgedruckt, unterschrieben, eingescannt und per Mail gesendet oder in einen Briefumschlag gesteckt und per Post verschickt werden. Beim Geschäftspartner oder Mitarbeiter angekommen, beginnt der Ablauf nochmal von vorne.« Daher sei es kein Wunder, dass fast zwei Drittel der Arbeitnehmer aus dem mittleren Management in mittelständischen und großen Unternehmen das Einholen von Unterschriften als größte Homeoffice-Herausforderung bezeichnen.

Jedoch rangiert die Implementierung von E-Signaturlösungen bei den zur Aufrechterhaltung des Tagesgeschäfts priorisierten Digitalisierungsprojekten nur auf Platz sieben. Trotzdem beobachten verschiedene Vertreter von E-Signatur-Lösungsanbietern seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie eine gesteigerte Nachfrage. »Deutsche Unternehmen wagen jetzt mit mehr Offenheit den Schritt in Richtung elektronische Signatur. Wir sehen das sowohl im Dienstleistungsbereich als auch im verarbeitenden Gewerbe«, berichtet beispielsweise Daniela Becker, Area Vice President Major Accounts EMEA bei DocuSign. »Vielen Verantwortlichen ist schon länger bewusst, dass E-Signaturen eine Verbesserung der Unternehmensprozesse bewirken. Jedoch hat die aktuelle Situation einen Neuanstoß des Denkprozesses bewirkt und das Thema absolut nach vorne getragen«. Inzwischen sieht Jörg Lenz, Leiter Kommunikation von Namirial sogar schon die nächste Stufe erreicht: »Nach einem Jahr Pandemie geht es jetzt oft um Ablösungen von »Quick and Dirty«-Lösungen, die in der Hektik der ersten Phase der Pandemie angeschafft und eingesetzt wurden.« So kommen seiner Beobachtung nach verstärkt Lösungen zum Einsatz, die nicht nur einzelne Anwendungen und Abteilungen unterstützen, sondern unternehmensweit im Omnikanal – auch im direkten persönlichen Kontakt – einsatzfähig sind und diverse Verfahren zur Erzeugung von E-Signaturen unterstützen. Zudem sind Lösungen gefragt, die nahtlos in die Systeme und Prozesse des Unternehmens integrierbar sind und eine optimierte Anwendererfahrung bringen. Dies kann beispielsweise durch in anderem Kontext erfolgte Identifizierungen beziehungsweise der Einbindung von Diensten zur Identifizierung und digitaler Identitäten geschehen.

E-Signaturlösungen in der Praxis

Beispielsweise nutzt der Chemie-Konzern Lanxess E-Signatur-Lösungen von Docusign vor allem in der Personal- und in der Rechtsabteilung. Dadurch spart das Unternehmen pro Dokument neun bis 15 Euro, weil unter anderem die Kosten für das Drucken und den Versand der Dokumente entfallen. Die eingesparte Arbeitszeit ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Bei der Einstellung neuer Mitarbeiter dauerte der papierbasierte Prozess in der Vergangenheit etwa zwei bis drei Wochen. Durch die elektronische Signatur verkürzt sich der Vorgang auf ein bis zwei Tage. Zu 90 Prozent liegen Unterschriften in weniger als einer Stunde vor.

Jörg Lenz, Direktor Marketing und Kommunikation bei Namirial, sieht den Hauptfortschritt der letzten zwölf Monate in der breiten Nutzung von Verfahren für Fernsignaturen (Bild: Namirial)

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Jörg Lenz, Direktor Marketing und Kommunikation bei Namirial, sieht den Hauptfortschritt der letzten zwölf Monate in der breiten Nutzung von Verfahren für Fernsignaturen (Bild: Namirial)

Bei der Jobvermittlungsplattform für Studierende Zenjob ist die digitale Abwicklung von Zeitarbeitsverträgen inklusive digitaler Unterschrift wesentlicher Bestandteil des Geschäftskonzepts. In Deutschland ist bei befristeten Arbeitsverträgen die Schriftform inklusive Unterschrift der Vertragsparteien erforderlich. Auf Basis der eIDAS-Verordnung kann die Unterschrift per qualifizierter elektronischer Signatur (QES) erfolgen, welche die gleiche Rechtswirkung wie eine handschriftliche Unterschrift besitzt und das höchste Sicherheitsniveau elektronischer Unterschriften aufweist. Daher setzt das 2015 gegründete Start-up Zenjob inzwischen ausschließlich auf die QES-Lösung von Namirial nachdem anfangs parallel eine Lösung der Bundesdruckerei im Einsatz war. Beim verwendeten Verfahren erhalten Studierende wie beim Online-Banking eine TAN per SMS auf ihr Smartphone mit deren Eingabe sie den angebotenen Arbeitsvertrag digital unterschreiben können. Anschließend geht der unterzeichnete Vertrag zurück an den Arbeitgeber. In wenigen Minuten kann also ein Vertrag auf dem Handy aufgerufen, unterschrieben und der Job angetreten werden. Spezielle lokale Hard- oder Software wie ein Signaturserver oder eine Signaturkarte mit Lesegerät sind seit Inkrafttreten der eIDAS-Verordnung nicht mehr notwendig.

Wesentliche Hürden von E-Signaturen sind gefallen

Fabian Grabicki, Marketing Manager von D-Trust, sieht die digitale Signatur sogar sicherer an als die handschriftliche (Bild: D-Trust)

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Fabian Grabicki, Marketing Manager von D-Trust, sieht die digitale Signatur sogar sicherer an als die handschriftliche (Bild: D-Trust)

Um die TAN auf das Smartphone erhalten zu können, müssen sich Unterzeichnende zuvor über ein VideoIdent-Verfahren einmalig in einem festgelegten Zeitraum identifizieren. Dabei überprüft ein qualifizierter Vertrauensdiensteanbieter (qVDA) innerhalb weniger Minuten die Identität der jeweiligen Person sowie die entsprechenden Nachweisdokumente in Echtzeit. Nach der erfolgreichen Verifizierung erhalten Arbeitnehmer einen Link per E-Mail. Über den zugesendeten Link können Nutzende die SMS-TAN anfordern.

Neben dem VideoIdent-Verfahren lässt sich zur Identitätsprüfung aus der Ferne beispielsweise auch die Online-Ausweisfunktion des Personalausweises nutzen. In der Vergangenheit waren bei der Identitätsprüfung die einmalige persönliche Anwesenheit des Anwenders und das Vorzeigen des Ausweisdokumentes beispielsweise beim PostIdent-Verfahren erforderlich.

Lenz sieht den Hauptfortschritt der letzten zwölf Monate bei digitalen Signaturen in der breiten Nutzung von Verfahren für Fernsignaturen: »Was im November 2019 noch als Verfahren galt, das man mal »bald« einsetzen will, wurde über Nacht ganz wichtig. Zudem war ab März 2020 ein ganz klarer Trend zum Einsatz von Vertrauensdiensten im indirekten Kundenkontakt – auch bei Neukunden – zu beobachten, genauer zur Identifizierung von Nutzenden zur Bereitstellung von Zertifikaten zur Erzeugung fortgeschrittener oder qualifizierte elektronischer Signaturen sowie elektronischer Siegel.«

Die Kosten für die Einführung der elektronischen Signatur hängen von den Preismodellen der Signatur-Anbieter ab. Sie variieren von pay-per-use-Modellen über Lizenzierungen pro User bis hin zu Monatspauschalen, in denen eine bestimmte Anzahl an elektronischen Signaturen enthalten ist. »Hinzu kommen eventuell noch Kosten für Installation und Implementierung sowie Support-Leistungen«, so Grabicki, in dessen Augen sich die Gesamtbetrachtung der elektronischen Signatur auf jeden Fall lohnt. »Die Kosteneinsparungen im Vergleich zur handschriftlichen Unterschrift sind enorm. Schätzungen gehen davon aus, dass jeder händisch unterschriebene Vertrag ein Unternehmen zwischen 18 und 28 Euro kostet.«

Damit eine hohe Akzeptanz seitens der Anwender erreicht wird, ist es wichtig, die Signaturlösungen in vorhandene Business-Anwendungen zu integrieren. Um dies zu erreichen, arbeitet Docusign beispielsweise mit über 350 Softwaresystemen zusammen.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.