Interview zu Trends im E-Mail-Management, Opentext
Für Marc Paczian, Manager Solution Consulting DACH bei Opentext, stellt sich bei E-Mail-Management-Lösungen nicht nur die Frage, wie so genannte neue Medien integriert werden können, sondern auch »alte« Systeme wie ERP oder CRM. Denn nur eine komplette Sicht auf alle Informationen zu einem Kunden oder einem Geschäftsprozess könne einen direkten Wettbewerbsvorteil bringen.
Wie hoch ist aus Ihrer Sicht das Potenzial für E-Mail-Management-Lösungen in deutschen Unternehmen?
Paczian: Unsere Erfahrung mit Kunden und der Kontakt mit Unternehmen haben gezeigt, dass die Potenziale einer E-Mail-Management-Lösung in vielen Fällen noch nicht ausgeschöpft werden. Viele Unternehmen haben gar keine Lösung im Einsatz und die Unternehmen, die bereits eine verwenden, nutzen diese lediglich zur E-Mail-Archivierung. Dadurch verschenken sie das in den Lösungen steckende Potenzial zur konsequenten Nutzung im Geschäftsprozess.
Es gibt die unterschiedlichsten Lösungen für E-Mail-Management: Client- und serverseitige, hardware- und cloudbasierte Lösungen. Zu welcher Art tendieren die Anwender derzeit am meisten?
Paczian: Die meisten Unternehmen betreiben ihre E-Mail-Management Lösung »on Premise«, also im Hause. Momentan stellen wir fest, dass ein Großteil der Lösungen Client-seitig betrieben wird. Die Klassifizierungen werden in der Regel vom Anwender selbst durchgeführt, dabei werden Anwender durch entsprechende Vorschlagslisten unterstützt.
Rein Client- oder rein Server-seitige E-Mail-Archivierung haben jeweils ihre Nachteile. Empfiehlt sich daher nicht in jedem Fall eine Hybrid-Lösung?
Paczian: Hier gibt es keine pauschale Antwort: Ob eine Client- oder rein Server-seitige E-Mail-Archivierung gewählt wird, hängt im Wesentlichen davon ab, ob und welcher Geschäftsprozess unterstützt werden soll. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass es sich für die meisten Unternehmen lohnt, beide Lösungen zu implementieren. Die Unterstützung der automatisierten Server-Prozesse – zum Beispiel Archivierung nach Größe oder Datum – sollte sich durch Client-Integrationen und die Möglichkeit des Eingriffs durch den Benutzer ergänzen lassen – zum Beispiel für die Zuordnung von E-Mails in einen Geschäftsprozess, der unter anderem alternative Aufbewahrungsfristen erfordert. Es ist generell wichtig, die Anwender frühzeitig mit einzubinden und die Lösung so nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten.
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie bei dem steigenden Angebot für cloudbasiertes E-Mail-Management?
Paczian: Cloud-basierte E-Mail-Archivierung sowie -Management ist sicherlich für Unternehmen sinnvoll, die ihre gesamte E-Mail-Infrastruktur ebenfalls in der Cloud betreiben. Bei einer On-Premise-Architektur sind die Geschwindigkeitsvorteile beim »lokalen« Wiederherstellen von großen E-Mails sowie entsprechende Sicherheitsaspekte ausschlaggebend für den Einsatz einer lokalen beziehungsweise Cloud-Lösung.
Was wird bei der Implementierung einer E-Mail-Management-Lösung von Anwendern häufig unterschätzt?
Paczian: Möchte ein Unternehmen eine E-Mail-Management-Lösung implementieren, sollten die Verantwortlichen besonders auf einen klar umrissenen Projektrahmen achten. Das frühzeitige Involvieren der betroffenen Abteilungen ist genauso entscheidend für ein erfolgreiches Projekt wie eine genaue Definition der Regeln. Häufig wird dabei der hierfür nötige organisatorische Aufwand unterschätzt. Ziel sollte es immer sein, eine Reduzierung der Komplexität zu erreichen, um die Bedienung durch den Menschen so einfach wie möglich zu gestalten.
Welche Sicherheitsmaßnahmen sind bei der Implementierung einer E-Mail-Management-Lösung besonders zu beachten?
Paczian: Zunächst sollten sich Unternehmen, die eine E-Mail-Management-Lösung implementieren, darüber im Klaren sein, dass eine solche Lösung die Kernprozesse des Unternehmens unterstützt und daher entsprechend gesichert und gewartet werden muss. Auf der Projektseite selbst ist es besonders wichtig, darauf zu achten, dass regulatorische Vorgaben wie Aufbewahrungsfristen umgesetzt und eingehalten werden. Zusätzlich muss sichergestellt werden, dass relevante E-Mails nicht versehentlich oder beabsichtigt von Anwendern gelöscht werden können.
Die E-Mail konkurriert mit vielen weiteren elektronischen Nachrichtensystemen wie sozialen Netzwerken, E-Postbrief, De-Mail und Twitter. Welche Konsequenzen hat dies für E-Mail-Management-Systeme?
Paczian: Eine direkte Konsequenz ergibt sich hieraus zunächst für das E-Mail-Management-System nicht. Die Frage, die aus unserer Sicht gestellt werden sollte, lautet: Inwieweit müssen die bestehenden Lösungen erweitert werden, um auch die so genannten neuen Medien wie soziale Netzwerke, E-Postbrief, De-Mail und Twitter, aber auch die »alten« Systeme wie ERP oder CRM zu berücksichtigen? Für Unternehmen wird es immer wichtiger, sich mit diesem Punkt in Zukunft stärker auseinanderzusetzen. Eine komplette Sicht auf alle Informationen zu einem Kunden oder einem Geschäftsprozess kann einen direkten Wettbewerbsvorteil bringen.
Gibt es bereits überalterte E-Mail-Management-Lösungen am Markt und wie sollen Anwender damit umgehen?
Paczian: Pauschal lässt sich das nicht beantworten. Unternehmen sollten sich an dieser Stelle einfach die Frage stellen: Nutze ich das gesamte Potenzial meiner bestehenden Lösung aus, und erfüllt die aktuelle Lösung meine zukünftig geplante Strategie für E-Mail-Management?
Welche Anforderungen muss ein E-Mail-Management-System in jedem Fall erfüllen?
Paczian: Hier sind im Prinzip zwei Bereiche besonders zu betrachten: zum einen der Anwender, der jeden Tag mit dem System arbeiten muss, und zum anderen die Lösung selbst, die je nach Unternehmen andere Geschäftsprozesse zu unterstützen hat. Beim Anwender sind Anforderungen wie Nutzerfreundlichkeit, einfacher Zugriff, schnelle Suche, wenig Änderungen in der gewohnten Arbeitsweise von entschiedener Bedeutung und der Schlüssel zu einem erfolgreichen Projekt. Die eigentliche Lösung sollte darüber hinaus in die Systemlandschaft des Unternehmens passen, sich einfach integrieren lassen und flexibel erweiterbar sein für zukünftige Anforderungen.