Das sagen Vertreter aus der ECM-Branche zur Twenty2x
Nach dem Wegfall der Cebit fehlt vielen Unternehmen aus dem Bereich Enterprise Content/Enterprise Information Management (ECM, EIM) eine große Messeplattform zu Jahresbeginn in Deutschland. Der ehemalige Cebit-Veranstalter, die Deutsche Messe, will mit der neuen Digitalmesse TWENTY2X in diese Lücke stoßen und vor allem den Mittelstand adressieren. In zwei Hallen und dem Convention Center wollen die Veranstalter auf dem Messegelände in Hannover neben ECM und EIM auch Lösungen aus den Bereichen CRM, ERP, Cloud, Server und Storage durch entsprechende Aussteller präsentieren.
Prinzipiell wird diese Idee von vielen positiv aufgenommen, auch wenn berechtigterweise noch einige Vorbehalte bestehen. Die Veranstalter sollten sich die Meinungen und Wünsche der potenziellen Aussteller gut anhören und darauf reagieren. In jedem Fall sollten sie nicht den Fehler wiederholen, die Stimmen der mittelständischen IT-Anbieter zu ignorieren, was bei der Konzeptionierung der durchgefallenen Sommer-Cebit 2018 der Fall war.
Um ein Stimmungsbild zur Twenty2x zu zeichnen, hat ECMguide.de verschiedene Player aus dem ECM-Umfeld, die in der Vergangenheit die Cebit sehr schätzten, zu ihrer Meinung bezüglich des neuen Messevorhabens gefragt.
Peter Schnautz, Geschäftsführer des Herstellers von Produktionsscannern InoTec, hofft auf eine Teilnahme seines Wettbewerbsumfelds
Inhalt dieses Artikels
»Leider hat man uns mit dem Ende der Cebit unsere wichtigste Messe genommen. Tatsache ist, dass wir im deutschsprachigen Raum gerade für den Mittelstand eine starke Messe zum Thema Digitalisierung benötigen. Aber auch eine internationale Ausrichtung wäre sehr wünschenswert. Die Twenty2x könnte ein vernünftiger Beginn für eine BtB-Messe im deutschsprachigen Raum sein, zu der sicher gleich im ersten Jahr auch ein paar Besucher aus den Benelux-Staaten kommen würden.
InoTec steht einer Teilnahme positiv gegenüber. Entscheidend wird letztlich sein, ob auch unsere Mitbewerber vor Ort sind. Ihre Präsenz ist ebenso wie die von verschiedenen Softwareherstellern aus dem ECM-Bereich von großer Bedeutung für uns. Nur wenn Besucher eine größere Anzahl von Herstellern aus dem gleichen Umfeld antreffen können, besteht genügend Anreiz für einen Besuch der Veranstaltung.«
In der Hoffnung auf internationales Publikum spricht sich Wolfgang Urban, Prokurist Leiter Vertrieb, Janich & Klass XINO und Imaging, aktuell für eine Teilnahme aus
»Die Verantwortlichen der Cebit haben wohl gemerkt, dass sie etwas falsch gemacht haben und planen mit der Twenty2x eine Art Nachfolge. Stand heute ist, dass Janich & Klass mit der Sparte Dokumentenscanner an der Messe teilnehmen möchte, da nach dem Wegfall der Cebit eine große Lücke für uns klafft. Der Digital Future Congress, der in diesem Jahr noch in Essen und nächstes Jahr in Frankfurt und München stattfinden wird, ist bereits ein guter Ansatz. Bei der Twenty2x hoffen wir aber vor allem, dass sie für uns auch wieder internationales Publikum anziehen wird.«
Auch auf der Softwareseite lässt sich wie von Dirk Treue, Senior Channel Marketing Manager DACH, M-Files, positive Resonanz erkennen
»Wir bei M-Files beobachten die geplante Twenty2x mit großem Interesse und sind gespannt, wie sich das neue Format entwickelt. Es wäre wünschenswert, wenn sich nach dem traurigen Ableben der Cebit eine neue, zukunftsorientierte Veranstaltung in Deutschland etablieren würde. Der Schwerpunkt »New Work« hat mit Themen wie ECM oder intelligentem Informationsmanagement das Potential, die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung umfassend und praxisnah zu beleuchten. Wir können uns eine Teilnahme sehr gut vorstellen, wenn die Messe klar auf Geschäftskunden zugeschnitten wird und attraktive Formate zur Vermarktung anbietet. Bei den Besuchern erwarten wir Qualität vor Quantität.
Nicht gänzlich abgeneigt, doch ziemlich kritisch äußert sich Jens Büscher, Geschäftsführer des ECM-Softwareunternehmens AMAGNO
»Aktuell ist die Betrachtung der Twenty2x bei mir noch sehr gespalten. Auf der einen Seite brauchen wir eine zentrale Leitmesse zur Digitalisierung im Mittelstand. Die Cebit ist entfallen und hat 2018 diese Funktion auch nicht mehr wahrnehmen können. Dagegen stehen zahlreiche neue Formate. Von Verlagen, Verbänden und Anbietern. So positioniert der Bitkom fast die gleichen Themen unter den für mich passenderen Namen »Digital Office« in Berlin. Für Anbieter wird es immer schwieriger. Jetzt möchte die Twenty2x das Thema wieder aufgreifen. Dabei fallen mir als Anbieter einige Punkte auf:
Die Cebit-Facebookseite wurde als Basis der Twenty2x genommen. Im Marketing sehr clever, denn somit hat die Messe gleich eine große Masse an »Likes«, outet sich damit aber auch direkt als Cebit-Nachfolger.
Die Webseite selbst umfasst fast nur die Anmeldung für Aussteller. Sie gibt aber keinerlei Anreize, als Besucher zur Messe zu kommen. Lediglich eine simple Auflistung der Themen. Keine Ankündigung großartiger Speaker und Themen. Aus welchem Grund soll ich als Besucher kommen? Und umgekehrt? Warum dann als Aussteller? Und das zu sehr ambitionierten Standpreisen einer dreitägigen Messe (als »Event« möchte ich es noch nicht bezeichnen).
Ein großer Vorwurf an die Cebit 2018 von mir war es, dass man sich nicht ausreichend um das Marketing der Zielgruppen Mittelstandsentscheider gekümmert hat. Das Gleiche sehe ich aktuell auch hier, daher bin ich leider noch sehr skeptisch. Insgesamt erscheint mir das alles noch nach dem alten Muster der vorherigen Messen und mit Rückschritten nach den mutigen Entscheidungen der Cebit 2018.
Ich kann als Aussteller nicht hohe Summen investieren, wenn ich nicht begeistert vom Rahmenprogramm und dem Potential bin. Als einer der zur Cebit 2018 verbliebenen ECM-Anbieter mit einer der größten Standflächen unserer Branche hat man sich auch bis heute nicht bemüht, AMAGNO als einen der modernsten heimischen ECM-Anbieter als Kunden zu gewinnen und mich mit internen Informationen über das Potential und die geplanten Bewerbungsmaßnahmen aufzuklären, welche die weiterhin hohen Standkosten rechtfertigen. Mich überzeugt das alles aktuell noch nicht.«
Max Ertl, Geschäftsführer Docuware, findet Veranstaltungsnamen nicht ansprechend
»Es ist generell gut, dass es wieder ein B2B-Forum für die Digitalwirtschaft geben wird, da der persönliche Kontakt immer noch sehr wichtig ist. Die Frage ist, wie viele Aussteller es annehmen werden. Nur wenn es eine kritische Masse gibt, macht es Sinn, da erst dann auch die Kunden kommen. Den Namen finde ich allerdings nicht ansprechend.«
Karl Heinz Mosbach, Geschäftsführer von ELO Digital Office hätte mehr Vorlauf erwartet und findet Namen ebenfalls unpassend
»Prinzipiell ist es zu begrüßen, dass sich die Hannover Messe wieder auf das B2B-Geschäft besinnt – schließlich ist die digitale Transformation doch für alle Unternehmen das Thema der Zukunft. Umso mehr verwundert es aber, dass die neue Veranstaltung so Hals über Kopf geschaffen erscheint. Aus meiner Sicht hätte man einem solchen Vorhaben wesentlich mehr Vorlauf einräumen müssen. Insbesondere, um auch inhaltlich eine gute Gesamtkonzeption mit den Ausstellern und Teilnehmern zu erarbeiten. So wäre es zum Beispiel gut gewesen, eine Roadshow zur Twenty2x bereits Anfang dieses Jahres und nicht erst im September stattfinden zu lassen. Gerade eine neue Veranstaltung muss mit Strahlkraft, besonderen Highlights, guten kreativen Ansätzen und vor allem Anziehungskraft punkten. Diese geht zum Beispiel von den beteiligten Firmen, den Themen und dem Kongressprogramm aus. Fehlt dies, ist ein Scheitern wie bei der »discuss & discover« der Messe München vorprogrammiert. Auch halte ich persönlich den Namen der Veranstaltung für etwas unglücklich. Ich assoziiere mit diesem Namen eher eine Jugendveranstaltung als eine Digitalmesse für mittelständische Unternehmen. Unsere Teilnahme befindet sich derzeit noch in Prüfung.«
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