Digitale Verwaltung bis 2030 – eher unrealistisch
Nicht nur nach außen, sondern auch nach innen sollten öffentliche Verwaltungen digital arbeiten. Wie Beschäftigte im öffentlichen Dienst den Digitalisierungsgrad ihres Arbeitsplatzes einschätzen, ließ d.velop in einer Befragung ermitteln.
Studie von d.velop zur Digitalisierung im öffentlichen Dienst
Inhalt dieses Artikels
Drei Viertel der Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung halten es für unrealistisch, dass die von der Bundesregierung angestrebte vollständig digitale Verwaltung bis 2030 umgesetzt werden kann. Dies ist ein Ergebnis einer von d.velop AG beauftragten Befragung durch YouGov von 500 Mitarbeitenden in deutschen Städten, Kommunen, Bundesbehörden und dem Bildungssektor. Insgesamt wurden sie zum Stand der Digitalisierung an ihrem Arbeitsplatz befragt. Dabei kristallisierte sich auch heraus, dass zwar bereits viele Prozesse in Verwaltungen digitalisiert sind, doch oft fehlt es an einheitlichen, durchgängigen Lösungen. d.velop hatte ECMGUIDE bereits vorab ausgewählte Studienergebnisse übermittelt – nun steht der vollständige Ergebnisbericht bereit.
In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Verwaltungsprozesse digitalisiert, allerdings verläuft der Fortschritt uneinheitlich. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Befragten gibt an, dass der digitale Posteingang bereits etabliert ist. Auch die digitale Einreichung von Dokumenten ist in vielen Behörden möglich (51 Prozent). Für die elektronische Aktenführung berichten dagegen weniger als die Hälfte (46 Prozent) von entsprechenden Prozessen, für die elektronische Antragsstellung 45 Prozent. Am seltensten digitalisiert ist die Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern über Online-Kanäle – hier sehen nur 31 Prozent funktionierende Abläufe. Fünf Prozent der Befragten geben sogar an, dass sich in ihrer Behörde bislang kein einziger Prozess digital abwickeln lässt.
Durchgängige digitale Prozesse fehlen
Zwischen internen Abläufen und externen Angeboten zeigen sich deutliche Unterschiede: So geben 60 Prozent der Befragten an, dass Bürgerinnen und Bürger Dokumente digital einreichen können – doch nur 51 Prozent berichten, dass hierfür auch ein digitaler Prozess in der Verwaltung hinterlegt ist. Ähnlich verhält es sich bei der Terminvereinbarung: 46 Prozent geben an, dass eine Online-Terminvereinbarung für Bürgerinnen und Bürger möglich ist, doch lediglich 39 Prozent sprechen von einem durchgängigen Prozess im Hintergrund. Diese Diskrepanz deutet darauf hin, dass digitale Bürgeroberflächen vielerorts bereits vorhanden sind, die interne Weiterverarbeitung jedoch häufig noch nicht vollständig integriert ist. Nur wenige Verwaltungen ermöglichen bislang die Einsicht in Dokumente (18 Prozent) oder die Verwendung elektronischer Signaturen (16 Prozent).
»Auch wenn bereits vieles digital möglich ist, zeigen die Zahlen, dass es noch ein langer Weg ist. Um eine wirklich digitale Verwaltung zu erreichen, müssten Lösungen wie die elektronische Aktenführung flächendeckend und behördenübergreifend etabliert werden. Angebote wie die digitale Signatur und die digitale Zustellung wären ziemlich einfach zu implementieren und würden einen großen Komfort- und zugleich Sicherheitsgewinn bringen«, kommentiert Philipp Perplies, COO der Business Division Public Sector bei der d.velop AG.
Die Digitalisierung der Verwaltung darf jedoch nicht bedeuten, einfach nur mehr Software anzuschaffen. Entscheidend ist, dass digitale Lösungen auf die Bedürfnisse der Beschäftigten abgestimmt und sinnvoll in bestehende Systeme integriert werden – gerade hier sehen viele noch Nachholbedarf. Zufrieden mit der aktuellen Software-Ausstattung sind nur ein Drittel der Befragten (33 Prozent). Die Nutzerfreundlichkeit bewerten 35 Prozent als gut, 47 Prozent als durchschnittlich und 14 Prozent als schlecht.
Dokumentenmanagement auf der Wunschliste ganz oben
Um die Digitalisierung der eigenen Institution voranzutreiben, sind nach Einschätzung der Befragten verschiedene Maßnahmen notwendig. Die größte Zustimmung (48 Prozent) erhält der Wunsch nach besserer Software – insbesondere einer stärkeren Ausrichtung auf Nutzerbedürfnisse und höherer Benutzerfreundlichkeit. Fast ebenso viele (47 Prozent) fordern die Einführung einheitlicher Standards.
Zu den konkreten Wünschen der Mitarbeitenden gehören:
- einheitliche Dokumentenmanagementsysteme (46 Prozent)
- Lösungen für elektronische Signaturen und Siegel (35 Prozent)
- digitale Archivierung (33 Prozent)
- Cloud-Speicherung (21 Prozent)
Cloud-Nutzung in der Verwaltung
Die Nutzung von Cloud-Technologien in der Verwaltung ist derzeit sehr unterschiedlich ausgeprägt. Neun Prozent der Befragten geben an, bereits vollständig in der Cloud zu arbeiten, weitere 30 Prozent nutzen Cloud-Lösungen zumindest teilweise. Bei acht Prozent ist der Einsatz künftig geplant, während 29 Prozent noch vollständig auf lokale Infrastrukturen setzen. Softwareanbieter im öffentlichen Dienst müssen diese Ausgangslage berücksichtigen und flexible Bereitstellungsmodelle anbieten.
Außerdem spielt Interoperabilität eine wichtige Rolle: 42 Prozent der Befragten beklagen fehlende Schnittstellen, wenn es um die Integration bestehender IT-Systeme mit neuen digitalen Lösungen geht. Daneben entstehen Probleme auch durch mangelnden internen IT-Support (39 Prozent), Inkompatibilität von Dateiformaten (31 Prozent), fehlenden Support von Anbietern (28 Prozent) sowie manuelle Datenübertragung (26 Prozent).
Künstliche Intelligenz im öffentlichen Dienst
Mehr als die Hälfte der Beschäftigten im öffentlichen Dienst (55 Prozent) geht davon aus, dass Künstliche Intelligenz ihre Arbeitsrealität in Zukunft deutlich verändern wird. Gleichzeitig äußern zwei Drittel (67 Prozent) der Befragten Bedenken gegenüber der Technologie. Am häufigsten genannt werden Datenschutzprobleme (67 Prozent), eine unklare Rechtslage in Haftungsfragen (56 Prozent) sowie die Sorge vor Abhängigkeiten von einzelnen Softwareanbietern (53 Prozent).
»Mitarbeitende im öffentlichen Dienst wollen digitaler arbeiten und wünschen sich einfach zu bedienende und medienbruchfreie Systeme. Diese sollten sie auch bekommen, denn durch so realisierbare Effizienzgewinne profitieren alle Seiten – nicht nur die Mitarbeitenden in Behörden, sondern auch Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen«, ergänzt Perplies. d.velop arbeite gemeinsam mit Verantwortlichen in den Behörden und seinem Partnernetzwerk daran, die Mitarbeitenden mit effizienten Digitallösungen und Compliance-konformen KI-Innovationen zu versorgen.
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