Published On: 16. Dezember 2025Von

Ausblick auf ECM-Trends 2026

Künstliche Intelligenz und die E-Rechnungspflicht werden den Enterprise Content Management-Sektor auch 2026 maßgeblich beeinflussen. Experten kommentieren diese Trends und geben zudem Einblicke in weitere Themen wie E-Government.

Ausblick auf Schlüsselthemen 2026

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Ausblick auf Schlüsselthemen 2026 (Bild: A.Stadler/ChatGPT)

KI und E-Rechnungspflicht im Fokus

Dass Künstliche Intelligenz auch 2026 eine treibende Kraft der technologischen (ECM-) Entwicklung sein wird, gilt als gesetzt. Wie sich diese Dynamik konkret niederschlägt, ist hingegen offen. Genau hier setzen die Einschätzungen von Branchenexperten an, die wir für Sie gesammelt haben.

Auch die E-Rechnungspflicht gehört nicht zu den neuen Themen, gewinnt 2026 jedoch deutlich an Bedeutung. Mit dem Auslaufen von Übergangsfristen sind viele Unternehmen gezwungen, ihre Rechnungsprozesse final auf das neue Format umzustellen. Fehlende Vorbereitung kann dabei schnell zu Compliance-Problemen und erhöhten steuerlichen Prüfungsrisiken führen.

Gleichzeitig bieten elektronische Rechnungen aber auch die Chance, Abläufe stärker zu automatisieren, Kosten zu senken und Fehler zu reduzieren. Für Software- und ERP-Anbieter entsteht zusätzlicher Druck, da ihre Systeme die neuen gesetzlichen Anforderungen vollständig unterstützen müssen. Besonders international tätige Firmen stehen vor der Herausforderung, mehrere Standards parallel zu bedienen. Insgesamt wird 2026 wohl zum entscheidenden Jahr, in dem Unternehmen die Weichen für eine sichere und effiziente digitale Rechnungsverarbeitung stellen.

Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung

Als weiteres bedeutsames Thema wird die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung genannt. Sie wird von allen Seiten gefordert – seien es die Bürgerinnen und Bürger, Vertreter der Wirtschaft und die eigenen Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung. Da mehrere Entwicklungen gleichzeitig zusammenlaufen, wird das Thema aus verschiedenen Richtungen gepusht. Zum einen zwingt die Einführung der E-Rechnungspflicht den Staat selbst dazu, digitale Prozesse flächendeckend zu unterstützen und anzubieten – öffentliche Stellen müssen also nicht nur empfangen, sondern in vielen Bereichen auch effizient weiterverarbeiten können. Zum anderen greifen ab 2026 verschiedene Maßnahmen aus dem Onlinezugangsgesetz 2.0 (OZG 2.0), das Bund, Länder und Kommunen stärker dazu verpflichtet, Verwaltungsleistungen durchgängig digital, nutzerfreundlich und medienbruchfrei bereitzustellen.

Hinzu kommt, dass die öffentliche Verwaltung mit wachsenden Anforderungen an Transparenz, Effizienz und Datenintegration konfrontiert ist, die ohne Digitalisierung kaum zu bewältigen sind. Viele Behörden modernisieren daher ihre IT-Infrastruktur oder führen neue Plattformen ein, die auch für Unternehmen relevant werden – etwa für Ausschreibungen, Förderprogramme oder Meldepflichten. Insgesamt wird 2026 ein Jahr, in dem sowohl rechtliche Vorgaben als auch gesellschaftliche Erwartungen die Verwaltung dazu drängen, digitale Services endlich verbindlich und umfassend umzusetzen.

Im folgenden lesen Sie, was Experten verschiedener Unternehmen zu den Trends 2026 sagen:

Marlene Wolfgruber, Product Marketing Lead bei Abbyy: Präzise KI trifft auf menschliches Urteilsvermögen

Ich gehe davon aus, dass im Jahr 2026 domänenspezifische Sprachmodelle (DSLMs) im Bereich der Unternehmens-KI eine zentrale Rolle spielen werden. Das Zeitalter der massiven Allzweckmodelle weicht kleineren, fokussierteren Systemen, die auf die sprachlichen und logischen Kriterien sowie Compliance-Anforderungen bestimmter Branchen und Funktionen zugeschnitten sind. Diese Modelle sind auf die Lösung spezifischer Geschäftsprobleme ausgerichtet, wobei der Kontext bei der Datenextraktion und -interpretation stets eine entscheidende Rolle spielt.

Modelle, die auf datenreichen Datensätzen trainiert und auf die Nuancen der Prozesse in den Bereichen Finanzen, Gesundheitswesen, Recht, Versicherungen und anderen Branchen abgestimmt sind, werden generische LLMs in Bezug auf Genauigkeit, Vertrauen und Relevanz übertreffen. Ihr Wert liegt nicht in ihrer Größe, sondern in ihrer Spezialisierung. 2026 wird das Jahr sein, in dem Unternehmen erkennen, dass das beste Modell nicht das größte ist, sondern jenes, das ihr Problem versteht.

Marlene Wolfgruber, Product Marketing Lead bei ABBYY (Bild: ABBYY)

Da KI einen Großteil der routinemäßigen kognitiven Aufgaben übernimmt, verlagert sich der Vorteil des Menschen von Produktivität hin zu Perspektive. Die entscheidende Fähigkeit im Jahr 2026 wird nicht darin bestehen, zu wissen, wie man KI einsetzt, sondern zu wissen, wann man darauf verzichtet.

In dieser neuen Phase werden kritisches Denken, Kreativität und Urteilsvermögen zu den entscheidenden Unterscheidungsmerkmalen. Teams, die KI-Ergebnisse blind akzeptieren, werden stagnieren; diejenigen, die sie hinterfragen, interpretieren und verfeinern, werden die Führung übernehmen. Eine besonders wichtige Unterscheidung ergibt sich bei Zusammenfassungen und Interpretationen, die von großen Sprachmodellen generiert werden. KI kann zwar Informationen effizient destillieren, doch Fachwissen, Erfahrung und kontextuelle Nuancen bleiben unerlässlich, um die Bedeutung und die Auswirkungen der erzeugten Ergebnisse zu bewerten. Komplexe Analysen – sei es im Rechtswesen, im Gesundheitswesen, im Finanzwesen oder in der Strategie – erfordern menschliche Aufsicht, um sicherzustellen, dass subtile Hinweise, ethische Überlegungen und domänenspezifische Erkenntnisse nicht in der Übersetzung verloren gehen.

Die neue Kompetenz ist kritisches Denken mit KI: die Fähigkeit, effektiv zu fragen, kritisch zu interpretieren und intelligent zu synthetisieren. KI kann unendlich viele Optionen generieren, aber nur Menschen sind in der Lage, diese mit Empathie, Ethik und strategischer Weitsicht zu bewerten. Im Jahr 2026 werden diejenigen erfolgreich sein, die maschinelle Intelligenz mit menschlichem Urteilsvermögen in Einklang bringen: indem sie domänenoptimierte Modelle für Präzision mit menschlichem Verstand für Bedeutung kombinieren. Die Zukunft gehört Fachleuten, die mit KI klar denken, nicht durch sie.

Jens Büscher, CEO von Amagno: Agentisierung und E-Rechnung

Jens Büscher, CEO von Amagno (Bild: Amagno)

Unternehmen stehen unter dem Druck, sehr agil auf überraschende Marktveränderungen zu reagieren. Unsere Prognose für 2026 lautet daher: Die »Agentisierung« von Unternehmensprozessen wird zur existentiellen Notwendigkeit. Unternehmen benötigen KI-gestützte ECM-Systeme, die Aufgaben weitgehend autonom erledigen, um Personalressourcen für wertschöpfende Tätigkeiten freizumachen. Durch diesen hohen Grad an Automatisierung sichern Unternehmen ihre Handlungsfähigkeit in einem unsicheren Marktumfeld.

Der Wunsch nach Automatisierung ist in den letzten Monaten massiv gewachsen und hat sich verfestigt. Diese geänderte Erwartungshaltung bildet die Basis für 2026: Die Technologie ist vorhanden, die Unternehmen sehen die Notwendigkeit – im kommenden Jahr geht es nun um die Umsetzung der Agentisierung von Dokumentenverwaltungsprozessen in der Breite.

Jedoch genügt es in einer sich schnell drehenden Wirtschaft nicht, einen Prozess einmalig zu automatisieren und dann über Jahre unberührt zu lassen. Prozesse und Geschäftsmodelle sollten in regelmäßigen Abständen hinterfragt werden, um sicherzustellen, dass die automatisierte Lösung noch immer optimal zum aktuellen Geschäftsmodell passt.

E-Rechnung: Erfolgsentscheidende Übergangsphase

Mit dem 1. Januar 2025 wurde der Empfang von E-Rechnungen im B2B-Bereich zur Pflicht. Viele Unternehmen haben diese Hürde genommen. Oft haben sie dabei jedoch den Blick nur auf die Compliance gerichtet statt auf die Chancen. Sie haben sich für eine zwar pragmatische, aber isolierte Lösung entschieden, statt die Empfangspflicht zum Ausgangspunkt systematischer Digitalisierung zu machen. Unsere Prognose für 2026 lautet daher: Das kommende Jahr ist die erfolgsentscheidende Übergangsphase vor der nächsten großen Welle in der Einführung der E-Rechnungspflicht.

Ab dem 1. Januar 2027 greift die Pflicht zur Ausstellung von E-Rechnungen für Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz von mehr als 800.000 Euro. Das bedeutet: 2026 ist das entscheidende Jahr für die technische und prozessuale Umstellung der Ausgangsseite. Die Generierung valider Datensätze (ZUGFeRD/XRechnung) aus den ERP-Systemen und ihre revisionssichere Archivierung erfordern Vorlaufzeit und Testphasen, die im Geschäftsjahr 2026 eingeplant werden müssen. Gleichzeitig bietet diese Phase eine enorme Chance, die eng mit Amagnos erster Prognose verknüpft ist. E-Rechnungen liefern durch ihre XML-Struktur hochwertige, strukturierte Daten. Diese erleichtern die oben genannte KI-gestützte Automatisierung (»Agentisierung«). Unternehmen können die bevorstehende Einführung der Ausstellungspflicht von E-Rechnungen als Gelegenheit begreifen, um ihre Workflows so umzubauen, dass sie diese Datenqualität aktiv nutzen.

Wer die E-Rechnung nur als neue Belastung durch den Gesetzgeber sieht, verschenkt Potenzial. Wer sie 2026 als Treibstoff für seine Automatisierungs-Agenten begreift, verschafft sich Wettbewerbsvorteile.

Martin Echt, Betriebsleiter der Cocq Datendienst: E-Government – Erwartungen versus Realität

Wir ziehen ein recht nüchternes Fazit zu den Digitalisierungsbestrebungen in der öffentlichen Verwaltung. Zwar haben viele Landkreise und Kommunen im Jahr 2025 Digitalisierungsleistungen ausgeschrieben – die ersten Schritte sind also getan –, aber bis zu einer flächendeckenden Umsetzung ist es noch ein weiter Weg. Dies belegt auch der aktuelle Bitkom-DESI-Index, in dem Deutschland im Bereich »Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung« lediglich Rang 21 von 27 belegt.

In der Praxis mussten wir leider feststellen, dass öffentliche Verwaltungen, die bereits die Digitalisierung von Bestandsakten oder des Posteingangs beauftragten, häufig noch gar nicht die erforderlichen Grundlagen geschaffen haben. So machten wir beispielsweise öfter die Erfahrung, dass das Zielsystem für die Digitalisate nicht final implementiert oder noch wichtige Schnittstellen von externen Partnern fehlten. Hinzu kamen plötzliche Bedenken der Fachabteilungen nach dem Digitalisierungsstart oder zusätzliche Anforderungen seitens des Datenschutzbeauftragten.

Martin Echt, Betriebsleiter der Cocq Datendienst

Solange die deutschen Amtsstuben noch voller Aktenschränke stehen, erübrigen sich Überlegungen zum Einsatz von KI, den sich unser Digitalminister Karsten Wildberger wünscht. Ich wiederum wünsche mir für 2026, dass sich die Realität endlich dem Anspruchsdenken der Politik annähert – oder wir akzeptieren, dass Platz 21 leistungsgerecht ist.

David Ender, Vorstand Vertrieb bei TROPPER DATA SERVICE: Investitionen in Digitalisierung

David Ender, Vorstand Vertrieb bei TROPPER DATA SERVICE (Bild: Tropper)

Digitalisierung, Automatisierung und Optimierung von Prozessen sind die Antwort auf steigende Kosten und zunehmenden Fachkräftemangel. Nur so können Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben.

Für die Bewältigung dieser Herausforderungen sind wir von Tropper genau richtig aufgestellt. Auch im Jahr 2025 haben wir unsere Kompetenzen und unser Angebot weiter ausgebaut. Unser Portfolio reicht von der Digitalisierung und dem Business Process Outsourcing über KI-basierte Anwendungen bis hin zu passenden Softwarelösungen. Dabei wird unser Angebot gezielt durch unsere Partnerschaften gestärkt.

Wir werden auch in Zukunft weiter investieren, damit unsere Kunden den größtmöglichen Nutzen aus der Digitalisierung ziehen können.

Christoph Lubinus, Vertriebsleiter Scan bei Epson Deutschland: Scanner mit offenem Ansatz

Für das zu Ende gehende Jahr 2025 ziehen wir aus mehreren Gründen ein positives Fazit. Zum einen haben wir uns als einer der führenden Anbieter am Markt für Dokumenten-Scanner etabliert. Zum anderen stößt unsere Open Platform auf große Resonanz. Diese Technologie ermöglicht es, alle gängigen Softwarelösungen nahtlos in die Epson-Scanner zu integrieren.

Insgesamt profitieren wir davon, dass immer mehr Unternehmen, aber auch öffentliche Verwaltungen und Krankenhäuser und Arztpraxen die Vorteile der Digitalisierung erkennen. Sie erhalten nach wie vor zahlreiche analoge Dokumente, die zur weiteren Verarbeitung digitalisiert werden müssen. An dieser Situation wird sich kurz- und mittelfristig wohl nichts ändern. Daher blicken wir optimistisch auf das kommende Jahr, zumal integrierbare Lösungen gegenüber isolierten bevorzugt werden. Für diese Anforderung sind wir mit Open Platform sehr gut aufgestellt.

Christoph Lubinus, Vertriebsleiter Scan bei Epson Deutschland (Bild: Epson)

Thomas Uber, Geschäftsführer von ecoDMS: Blick auf KI und mobiles DMS

Thomas Uber, Geschäftsführer von ecoDMS (Bild: ecoDMS)

In den vergangenen Monaten stand der Markt für Dokumenten-Management- und Enterprise-Content-Management-Systeme klar im Zeichen der E-Rechnungspflicht. Viele Unternehmen mussten ihre Prozesse neu denken und genau hier konnte unsere Software ecoDMS ihre Stärken ausspielen. Mit Funktionen wie der Prüfung von E-Rechnungen, die Visualisierung von XRechnungen und dem automatisierten Auslesen und Übernehmen von XML-Rechnungsdaten haben wir unsere Kunden optimal unterstützt. So konnten wir gemeinsam mit unseren Resellern im Jahr 2025 einen Wachstumsschub verzeichnen.

Für das kommende Jahr richten wir den Blick auf zwei zentrale Themen: KI-gestützte Dokumentenverarbeitung (Intelligent Document Processing, IDP) und mobile DMS-Lösungen. Unser Schwesterunternehmen, die applord GmbH, bringt hierfür wertvolle Erfahrungen mit eigenen KI-Modellen mit, die wir künftig noch stärker in ecoDMS integrieren werden. Gleichzeitig arbeiten wir daran, unseren kürzlich aktualisierten Web-Client weiter auszubauen und zusätzlich eine App zu entwickeln, damit Dokumentenmanagement künftig noch flexibler und mobiler wird.

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About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.
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