Published On: 14. Oktober 2024Von

Interview mit neuem Hyland-CEO Jitesh S. Ghai

Im Rahmen des Hyland Summit User Events in Amsterdam sprach ECMGUIDE mit Jitesh S. Ghai über dessen Erfahrungen als CEO in den ersten sechs Monaten bei Hyland und seine Unternehmensvision. Außerdem ging es um die Rolle von Saperion, das Wettbewerbsumfeld sowie Trends im Content Services Bereich. 

Interview mit Jitesh S. Ghai, CEO von Hyland

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Interview mit Jitesh S. Ghai, CEO von Hyland (Bild: Hyland)

Fazit nach sechs Monaten als CEO

Sie sind nun sechs Monate als CEO für Hyland tätig. Welche Erfahrungen überraschten oder beeindruckten Sie in dieser Zeit am meisten?

Ghai: Da gibt es einiges. Ich fange mal mit der Loyalität unserer Kunden an, die sich zu den Hyland-Produkten und den Erfolg, den sie damit erreichen, bekennen. In direkten Kundengesprächen erlebe ich immer wieder deren Enthusiasmus. Begeistert hat mich auch das Hyland-Team, das sensationelle Innovationen hervorbringt und voller Energie steckt. Zudem freue ich mich über eine große Anzahl an überaus loyalen Partnern, die gemeinsam mit Hyland erfolgreich sind. Sie entwickeln ebenfalls sehr intelligente Lösungen, die auf den Hyland-Produkten aufbauen.

Worin lag bislang der Schwerpunkt Ihrer Arbeit bei Hyland?

Ghai: Als Team haben wir uns in den letzten sechs Monaten vor allem damit beschäftigt, wie man von Content Management zu Content Innovation gelangen kann. Dies gelingt in großen Unternehmen ebenso wie in kleinen Abteilungen.

Welche Vision haben Sie bezogen auf die Entwicklung von Hyland?

Ghai: Wir haben unter anderem mit Nuxeo, Alfresco, OnBase und Perceptive eine breite Palette an guter Basistechnologie und sehr erfolgreicher Content-Management-Technologie. Das Ziel ist, weiter darin zu investieren. Häufig müssen Hersteller, die 20 bis 30 Jahre alt sind, sich neu erfinden und ihre Produkte modernisieren beispielsweise cloud-fähig machen. Kunden müssen diesen Weg mitgehen, ohne einen Zusatznutzen zu haben. Unser Ziel ist, egal ob das bestehende Produkt Nuxeo, Alfresco, Perceptive oder OnBase heißt, einen Fortschritt für den Kunden zu ermöglichen. Wir wollen den Kunden Mehrwert und Innovationen in der Cloud bieten und dies in Verbindung mit den bereits getätigten Investitionen. Wir zwingen sie nicht zu Migrationen, sondern bieten Brücken von bestehenden Installationen in die Cloud, zu Künstlicher Intelligenz (KI) und generativer KI. So können sie mehr Nutzen aus ihren bestehenden Umgebungen und dem Inhalt darin generieren.

KI-Ansatz von Hyland

Welche KI-Modelle und -Technologien nutzen Sie? Sind es selbst entwickelte Modelle oder verwenden Sie Drittanbieter?

Ghai: Im Bereich von KI/Machine Learning haben wir unser eigenes Modell, das mit verschiedensten Dokumentarten und Bildern trainiert wird. Was die generative KI betrifft, schreiten die Entwicklungen sehr schnell voran. Quasi alle zwei Wochen gibt es hier aufregende neue Entwicklungen zu entdecken. Generell sehen wir bei Open-Source-Modellen wie von Llama, Mistral und vielen anderen kleinen und großen Open-Source-Anbietern eine höhere Performance sowie mehr Flexibilität und Innovationsmöglichkeiten als bei kommerziellen Anbietern. Wir nutzen die Open-Source-Angebote und finetunen sie mit Content aus dem Enterprise-Sektor, der in unseren Systemen vorherrscht.

Wie hoch ist der Entwicklungsaufwand, den Hyland für die Entwicklung neuer Produkte und Technologien betreibt?

Ghai: Um Innovationen vorantreiben zu können, bin ich fest davon überzeugt, dass 50 bis 60 Prozent der Mitarbeitenden an der Zukunft arbeiten sollten. Über 50 Prozent arbeiten an Cloud, KI und generativer KI, um die Innovationen zu realisieren und die Fähigkeiten der Content Innovation Cloud zur Verfügung zu stellen. Etwa 50 Prozent sind eingeplant, um sicherzustellen, dass Kunden mit unseren Produkten erfolgreich sind.

Die Rolle von Saperion

Sie sprechen fast ausschließlich von den Plattformen OnBase, Alfresco, Perceptive und Nuxeo. Jedoch hat Hyland auch andere Systeme durch Akquisitionen erworben wie Saperion, das besonders in Deutschland eine breite Kundenbasis hat. Wie sehen hier die Entwicklungen aus?

Ghai: Es stimmt, Hyland hat viele Akquisitionen in der Vergangenheit getätigt und weitere Plattformen und Technologien wie RPA und Blockchain für Zertifizierung hinzugewonnen. Wir bekennen uns zu allen Produkten, die wir in unserem Portfolio haben – selbstverständlich auch zu Saperion. Daher stellen wir sicher, dass unsere Kunden weiterhin Mehrwerte aus ihren Investments ziehen können. Um dies zu gewährleisten, bitten wir unsere Kunden jedoch, zu den neuesten Versionen upzugraden. Nur so lassen sich der laufende Betrieb sichern und Anbindungen an weitere Lösungen ermöglichen. Wenn Kunden die Saperion-Lösungen ausbauen wollen, bieten wir an, sie mit OnBase und in die Cloud zu verbinden. Auf diese Weise können sie an Innovationen teilhaben und getätigte Investments schützen.

Die Content Innovation Cloud ist eine Federated Content Cloud. Was steckt dahinter?

Ghai: In den letzten Dekaden des Content Managements haben quasi alle Anbieter hart daran gearbeitet, alles in ein Repository zu bekommen, egal ob das Opentext Documentum, Filenet oder andere ältere ECM-Systeme der ersten Generation ebenso wie neuere Systeme von Hyland oder weitere Lösungen in der Cloud betrifft. Jeder versuchte, allen Kunden-Content in einem Repository vorzuhalten, aber das wird nie gelingen. Wenn man mit Kunden wie mit einem Chief Data and Analytics Officer eines Schweizer Versicherungsunternehmen spricht, sagt dieser, dass er gerne seinen gesamten Inhalt zu Hyland-Produkten transferieren möchte. Jedoch ist das nicht so einfach, da sich noch so viel Content in anderen Produkten und Orten wie Opentext Documentum, Sharepoint Instances und Box befindet. Diese Inhalte sind nicht unbedingt unternehmenskritisch, aber eben vorhanden. Nicht immer ist klar, wo der Inhalt ist, aber dem Kunden ist wichtig, das herauszufinden. Er ist offen für hybride und fragmentierte Lösungen, aber hätte gerne eine einzige Schnittstelle zum gesamten Content. Wenn generell klar ist, wo welcher Inhalt liegt, kann der Kunde entscheiden, diesen Content zu Hyland zu transferieren. Alternativ ist es möglich, den Content in Sharepoint oder anderen Quellen zu belassen und eventuell von dort aus Automatisierungsprozesse anzustoßen. Wir bezeichnen das als Federated Content Cloud – diese gibt Kunden die Möglichkeiten, zu konsolidieren, wenn sie wollen oder den Content zu belassen, wo er ist. So oder so kann man Apps zur Automatisierung aufsetzen. Der Content muss nicht in Hyland-Produkten sitzen. Wir müssen nur in der Lage sein, durch Metadaten, angereicherte Metadaten und KI zu verstehen, wo sich der Content befindet und wie wir in einsetzen können.

Heutzutage kann man in der Content-Management-Welt über seinen Enterprise Content und KI so viel Mehrwert generieren wie niemals zuvor.

 

Welchen Hauptvorteil bietet dieser Ansatz für die Kunden?

Ghai: Heutzutage kann man in der Content-Management-Welt über seinen Enterprise Content und KI so viel Mehrwert generieren wie niemals zuvor. Aber es wäre schade, wenn man den Mehrwert nur nach einer Migration erzielen kann. Deshalb wollen wir den Kunden über die Federated Content Cloud die Möglichkeiten geben, egal wo der Content liegt. Die Kunden können dann nach ihrem Zeitplan migrieren, konsolidieren und Kosten sparen. Aber den Mehrwert können sie sofort generieren.

IDP-Einschätzung von Jitesh Ghai

IDP ist ein aktuell ein Trendthema und Hyland hat hier mit Hyland IDP eine Lösung. Warum hat IDP keine Rolle in den Keynotes Ihrer Partner- und Kundenkonferenz in Amsterdam gespielt? Betrachten Sie es als nicht so wichtig?

Ghai: Es ist wichtig. Wenn man den Bereich Prozess-Intelligence betrachtet, findet man Prozess-Automatisierung, Robotic Process Automation (RPA) und Intelligent Document Processing (IDP). Für uns ist IDP ein Mittel für Prozess-Intelligenz. Wir haben drei Felder in der Content Innovation Cloud: Content Intelligence, Process Intelligence und Application Intelligence. Unter Application Intelligence ist IDP ein Anwendungsfall. Bei Hyland wird IDP über Automatisierung, Machine Learning und KI-Modelle realisiert. Basierend darauf, was diese Tools analysieren, erfolgt die Orchestrierung.

Somit sehen Sie es nicht als Produktkategorie?

Ghai: Doch das tun wir! Betrachten Sie Content Intelligence als Produktlinie mit verschiedenen Produkten. Process Automation ist ein Produkt. RPA ist ein Produkt. IDP ist ein Produkt. Auch innerhalb Application Intelligence gibt es verschiedene Produkte. Alle können in einer Plattform integriert werden, jedoch können alle einzeln gekauft werden und für einen bestimmte Anwendungsfall eingesetzt werden. So können Kunden beispielsweise mit IDP, RPA, dem Aufbau eines Content Repository oder anderen Anwendungsfällen beginnen.

Wo sehen Sie den Unterschied zwischen Capture und IDP?

Ghai: Für mich gibt es da eine klare Unterscheidung. Capture ist die ursprüngliche Legacy-Technologie, die mit den ursprünglichen Formaten arbeitet. IDP nutzt sehr stark ML und die Orchestrierung von Prozessen. Wenn man von einem gescannten PDF ausgeht, kann ML-Technik genau erkennen, ob es sich um einen Kontoauszug, Hypothekenauszug oder eine Kreditauskunft handelt. Weiß man, welche Informationen vorliegen, kann man orchestrieren und überlegen, welche Informationen man aus den verschiedenen Dokumenttypen herausholen möchte. So kann beispielsweise ein Sachbearbeiter für Darlehensgenehmigungen mit den Ergebnissen eigenständig Prüfungen durchführen. In der Vergangenheit waren möglicherweise vier verschiedene Personen in den Prozess involviert: eine kümmerte sich um die Kreditwürdigkeit, eine war mit dem Kontostand, eine mit dem Hypothekenstand beschäftigt. Man musste die Informationen zusammen sammeln und eine vierte Person musste es prüfen. IDP kann durch die Informationen aus dem Content, ML-Technologie und Orchestrierungsmöglichkeiten die Vorgänge automatisieren.

Blick auf die Marktentwicklung

Wie beurteilen Sie aktuell das ECM-Wettbewerbsumfeld und welche Trends beispielsweise KI werden dieses in den nächsten Monaten beeinflussen?

Ghai: Es wird viel über KI gesprochen und Marketing in diese Richtung betrieben. Was ich nicht sehe, ist Mehrwert, der Kunden darüber zur Verfügung gestellt wird. Wir bieten Kunden in den nächsten Monaten Innovationen, die einen echten Mehrwert im Hinblick auf ihren unternehmenskritischen Unternehmens Content ermöglichen. Aktuell ist die ECM-Landschaft auf Records-Management, Aufbewahrung und Compliance fokussiert. Viele Legacy-Systeme wie Opentext Documentum und Filenet werden zu cloud-basierten Systemen migriert. Aber kein Anbieter beschäftigt sich mit dem Nutzen, den Unternehmen aus Lösungen ziehen könnten. Die Zeit ist gekommen, die digitale Transformation auf Basis des Unternehmens Content zu realisieren. Mit KI-Unterstützung lassen sich so viele Anwendungsfälle abdecken, egal ob im Personalbereich, Marketingumfeld, Vertrieb, Kundensupport sowie Forschung und Entwicklung. Alle benötigen Content. Nun ist durch neue Technologie die Zeit gekommen, um intelligente Workflows und Applikationen zu liefern, die auf dem Content aufsetzen. Hyland geht diesen Weg und ich hoffe, dass andere Anbieter auch diesen Weg einschlagen.

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About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.
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