Gastkommentar: Praxis-Tipps für ein erfolgreiches E-Discovery

Der enorme Druck, dem die Beteiligten in einem E-Discovery-Prozess in der Regel ausgesetzt sind, wird häufig noch durch technologische Hürden, rechtliche Änderungen und vielschichtige, komplexe Arbeitsprozesse verstärkt. Neun Praxis-Tipps bzw. Best-Practises von Epiq Systems Deutschland, damit ein E-Discovery-Verfahren trotzdem erfolgreich wird.

Von Behnam Sadough, Director Strategy DACH bei Epiq Systems Deutschland

Behnam Sadough, Director Strategy DACH, Epiq Systems Deutschland

21767-Epiq-Systems-Behnam-Sadough

Behnam Sadough, Director Strategy DACH, Epiq Systems Deutschland

Das Buch »Die Kunst, beliebt und einflussreich zu werden« von Dale Carnegie ist ein Klassiker der Ratgeber-Literatur. Es wurde von Warren Buffet, einem der erfolgreichsten Unternehmer der Welt, als wichtiger Einfluss auf sein Leben bezeichnet. In dem Buch, das 1930 veröffentlicht wurde, beschreibt der Autor dreißig Verhaltenstipps, um zu einer sympathischen, überzeugenden und einflussreichen Führungsperson zu werden. Die Quintessenz: erfolgreiches Management basiert auf Empathie, und das gilt selbstverständlich auch in der E-Discovery.

Der enorme Druck, dem die Beteiligten in einem E-Discovery-Prozess in der Regel ausgesetzt sind, wird häufig noch durch technologische Hürden, rechtliche Änderungen und vielschichtige, komplexe Arbeitsprozesse verstärkt – all dies unter knappen Fristen und Termindruck. In einem derart gespannten Umfeld leidet häufig die Qualität der Arbeitsbeziehungen.

Deshalb ist es wichtig, dass E-Discovery-Anbieter es schaffen, ihren Kunden ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln. Carnegie nennt in »Die Kunst, beliebt und einflussreich zu werden« hilfreiche Verhaltensweisen für Erfolg im Leben und im Geschäft. Auf der anderen Seite können Dienstleister Handlungsweisen an den Tag legen, die das genaue Gegenteil bewirken. Seien Sie also auf der Hut!

Aber jetzt zu den neun Tipps bzw. Best-Practises, damit ein E-Discovery-Verfahren auch wirklich erfolgreich wird.

1) Vergessen Sie nicht zu fragen, was mit E-Discovery erreicht werden soll

»Was genau wollen Sie erreichen?« – Diese Frage sollten eDiscovery-Anbieter ihren Kunden gleich zu Beginn der Zusammenarbeit stellen und während des gesamten Projektes oft wiederholen. Die Bedürfnisse und Anforderungen des Prozesses sollten von Anfang an klar sein. Da E-Discovery-Fälle sich oft rapide entwickeln und dabei verändern können, sollten die Beteiligten regelmäßig prüfen, ob der eingeschlagene Kurs noch zielführend ist.

Denn eingangs definierte Vorgehensweisen müssen möglicherweise angepasst werden, wenn Ansprüche fallen gelassen werden oder die Rolle einzelner Custodians sich wandelt. Prüfen Sie immer wieder gemeinsam mit dem Kunden, ob Sie immer noch auf gleicher Linie sind und ein gemeinsames Ziel vor Augen haben. Passen Sie Ihren Ansatz gegebenenfalls an.

2) Versäumen Sie nicht die Diskussion des Endergebnisses

In komplexen Prozessen verlieren die Beteiligten bisweilen das Ziel aus dem Blick. Das Format für die Zusammenstellung der erforderlichen Daten wird zu Beginn mit der Spezifikation bestimmt. Diese legt auch fest, wie die Dokumente gesichtet und kodiert werden, und definiert übergeordnete Arbeitsabläufe.

Zielt die Sammlung, Verarbeitung und Sichtung der Daten darauf ab, relevante Dokumente einer Gegenpartei und dem Gericht vorzulegen? Oder sollen die Informationen einer Regulierungsbehörde zur Verfügung gestellt werden? Ist das Endprodukt für eine interne Ermittlung bestimmt? In welcher Form müssen die Ergebnisse vorliegen? Welche zeitlichen Beschränkungen bestehen? Das Endergebnis muss also am Anfang bestimmt werden – und dann müssen sich Spezialisten und Kunden von hinten nach vorne durcharbeiten.

3) Vermeiden Sie nicht die Empfehlung geeigneter Technologien

Der Einsatz bereits vorhandener oder neuer Technologien kann den Kunden Zeit und Geld sparen. Deshalb sollten E-Discovery-Anbieter Empfehlungen über geeignete Technologien aussprechen, wenn sich dies anbietet. Elektronische Duplikaterkennung oder E-Mail-Threading sind nur zwei Beispiele für Anwendungen, mit deren Hilfe die Sichtung von Daten kosteneffizienter und konsistenter gestaltet werden kann.

Neue Hilfsmittel kommen immer wieder auf den Markt. Und E-Discovery-Experten sollten in der Lage sein, die jüngsten technologischen Entwicklungen zu bewerten und gegebenenfalls ihren Kunden zu empfehlen.

4) Verwenden Sie keinen Technik-Jargon

Technologie-Spezialisten neigen bisweilen dazu, in der Kundenkommunikation ein Übermaß an technischem Jargon zu verwenden, um ihre Kompetenz unter Beweis zu stellen. Vergessen Sie jedoch nicht, dass der Kunde Sie engagiert hat, weil er selbst kein Experte ist!

Zu viel technisches Geschwätz macht die Angelegenheit nur komplizierter. Achten Sie darauf, sich klar und einfach auszudrücken.

5) Lassen Sie es nicht an Entgegenkommen mangeln

Kursänderungen sind bei einem E-Discovery-Projekt keine Seltenheit. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn bislang unbekannte Sachverhalte ans Tageslicht kommen und Gegenparteien oder Gerichte neue Anforderungen stellen. Kunden müssen häufig enge Terminpläne einhalten. Um Verlässlichkeit zu demonstrieren, sollten Sie in der Kundenkommunikation äußerst entgegenkommend sein.

Antworten Sie auf jede E-Mail – selbst wenn Sie nur zurück schreiben, dass Sie die Nachricht erhalten haben und sich in Kürze melden werden. Geben Sie klare Fristen vor, innerhalb derer Ihr Ansprechpartner mit einer Antwort rechnen kann. Auf diese Weise verdienen Sie sich das Vertrauen Ihres Kunden.

6) Auch bei E-Discovery: Scheuen Sie nicht die Mühe, schriftliche Meetingpläne vorzubereiten

Oft werden im Geschäftsalltag Meetings vereinbart, ohne das Ziel, den Inhalt und die Reihenfolge der behandelten Punkte zu bestimmen. Das kann zu einem großen Zeiträuber in der E-Discovery werden.

Wird vorab eine schriftliche Agenda aufgesetzt können alle Teilnehmer sich auf das Meeting vorbereiten und so die Zeit möglichst effizient nutzen.

7) Vergessen Sie nicht, Telefonate aufzuzeichnen

Wenn Telefongespräche nicht dokumentiert werden, kann das Verwechslungen und Missverständnisse zur Folge haben. Deshalb ist es wichtig, selbst kurze Telefonate mit dem Kunden aufzuzeichnen und alle getroffenen Vereinbarungen schriftlich zu dokumentieren.

Dadurch werden alle Teammitglieder in die Lage versetzt, einzelne Aspekte des Vorgehens jederzeit nachvollziehen zu können, selbst wenn sie an der Diskussion nicht beteiligt waren.

8) Versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können

Offenheit und Aufrichtigkeit sind ausschlaggebend für den Aufbau einer starken Geschäftspartnerschaft. Anbieter von E-Discovery-Services sollten ihren Kunden gegenüber ehrliche Angaben über mögliche Dienstleistungen machen und realistische Fristen setzen.

Vermitteln Sie Ihrem Kunden eine wahrheitsgetreue Vorstellung davon, wie viel Aufwand und Zeit die einzelnen Elemente des E-Discovery-Prozesses in Anspruch nehmen, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

9) Nennen Sie keine Zahlen, die Sie nicht ausgewertet haben

Neben einer klaren und einfachen Sprache ist die verständliche Wiedergabe von Zahlen wichtig für eine gelungene Kommunikation mit dem Kunden.

Wenn Sie Zahlen zeigen, erklären Sie Ihrem Gegenüber, was genau sie damit demonstrieren möchten. Andernfalls sind die Angaben wertlos.

Fazit: Das Erfolgsgeheimnis in der E-Discovery

Eine gute Kommunikationspraxis sowie Aufrichtigkeit und Transparenz sind ausschlaggebend für eine gelungene Zusammenarbeit bei der eDiscovery. Eine der wichtigsten Lektionen aus »Die Kunst, beliebt und einflussreich zu werden« besagt, man solle sich in die Position des Kunden versetzen und ihn so behandeln, wie man das selbst von einem Dienstleister erwartet. Zeigen Sie Einfühlungsvermögen – besonders in der E-Discovery wird sich das bezahlt machen.

.

About the Author: Engelbert Hörmannsdorfer