Vertragsmanagement: Interview mit Timo Krause, Ceyoniq

Bereits ab 100 aktiven Verträgen kann sich laut Timo Krause, Produktmanager bei Ceyoniq, eine Vertragsmanagementsoftware lohnen. Die Cloud-Infrastruktur, einheitliche Konfigurationen und ein begleiteter Onboarding-Prozess erleichtern auch kleineren Unternehmen die Nutzung.

Timo Krause, Produktmanager bei Ceyoniq (Bild: Ceyoniq)

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Timo Krause, Produktmanager bei Ceyoniq (Bild: Ceyoniq)

Wie verändert Künstliche Intelligenz Vertragsmanagementsoftware beziehungsweise das Vertragscontrolling?

Timo Krause: Der Lebenszyklus eines Vertrages erstreckt sich über die Anbahnung, Verhandlung, Freigabe und Unterzeichnung, die Bewirtschaftung und den End-of-Life-Prozess. KI kann alle Phasen des Zyklus unterstützen und für die Verantwortlichen in den Unternehmen vereinfachen. Mit KI-Agenten wird es möglich sein, Entscheidungen aus dem Vertragsbestand abzuleiten und das Vertragscontrolling durch intelligente Systeme und Auswertungen zu vereinfachen und zu unterstützen.

Welche neuen Funktionen gibt es durch KI bei Vertragsmanagementlösungen aus Ihrem Hause?

Krause: Wir arbeiten gerade an einer neuen Generation von Vertragsmanagementsoftware. Im Vordergrund steht hier »einfach arbeiten« und das ganz wörtlich gemeint. Wir minimieren Komplexität und designen das System einfach, intuitiv und alltagstauglich. Von Anfang an werden hier die KI-Funktionen unserer Plattform »nscale« konsequent in der Software verankert, wie das Zusammenfassen von Dokumenten, das Übersetzen von Dokumenteninhalten und das Chatten mit Vertragsakten. Wir fokussieren uns bei der Integration von KI darauf, den gesamten Vertragslebenszyklus zu optimieren und die Anwendenden zu unterstützen, perspektivisch durch zum Beispiel automatisierte Klauselvorschläge, Prüfmechanismen zur Erkennung fehlender Klauseln, Risiken und Unstimmigkeiten, Unterstützung bei der Klassifikation von Dokumenten und weiteren Erleichterungen im Prozess.

Welche neuen Funktionen sind ansonsten in den vergangenen Monaten hinzugekommen?

Krause: In den letzten Monaten beschäftigten wir uns hauptsächlich mit der Frage: Wie kann die Komplexität eines Contract-Lifecycle-Management-Systems reduziert werden? Was sind typische Anwendungsfälle von Vertragsmanagern, Einkäufern, Juristen, Anforderern und anderen beteiligten Personen, und wie kann man diese bestens mit einer Software unterstützen? Herausgekommen ist ein neuer Ansatz der Benutzerführung, mit Fokus auf die typischen Tätigkeiten im Vertragsumfeld. Die reduzierte Komplexität zeigt sich zum Beispiel daran, dass die Software ohne Kontextmenüs und ohne Rechtsklicks auskommt.

Welche Stolpersteine gibt es generell bei der Einführung und dem Betrieb von Vertragsmanagementlösungen aus Ihrer Sicht?

Krause: Aus meiner Sicht denken erfolgreiche Projekte Software in Verbindung mit Prozessen. Man könnte sagen, ein großer Stolperstein ist das »Zuviel«-Erwarten bei der Einführung einer Software, nach dem Motto: Ich habe jetzt eine Software, dann muss ja alles klar sein. Bei der Einführung sind immer auch die Abläufe und die gelebte Praxis mit zu berücksichtigen. Meine These ist: Die Unternehmen kennen Verträge und arbeiten sicherlich schon mit solchen, also ist eine Ist-Aufnahme und anschließende Potenzialanalyse mit einem Mission Statement als erstes Arbeitsergebnis unabdingbar. Wir haben gute Erfahrungen mit einem sogenannten »Vision & Scope Workshop« zu Beginn einer Softwareeinführung, in dem alles auf den Tisch kommt.

„Das Schöne am Vertragsmanagement ist, dass sich die Disziplin in Abhängigkeit von Branchen und Unternehmensgrößen wenig unterscheidet.“

Wie alltagstauglich sind Vertragsmanagementlösungen bereits bei mittelständischen Unternehmen?

Krause: Das Schöne am Vertragsmanagement ist, dass sich die Disziplin in Abhängigkeit von Branchen und Unternehmensgrößen wenig unterscheidet. Die Tätigkeiten, Anforderungen und Fragen sind sehr ähnlich. Durch Cloud-Infrastruktur, einheitliche Konfigurationen und eine gute Begleitung durch den Onboarding-Prozess können heute auch kleinere Unternehmen ohne große Hürden ein Vertragsmanagement mit passender Software etablieren und direkt Mehrwerte, wie die strukturierte Ablage, einheitliche Versionen und einen sicheren Umgang mit Terminen und Fristen, zu ihrem Vorteil nutzen.

Ab welchem Volumen oder ab welchen Parametern lohnt sich ihr Einsatz?

Krause: Wie bereits beschrieben, ist das Volumen, ab dem sich eine Vertragsmanagementsoftware »lohnt«, niedriger als in den vergangenen Jahren. Ein Mythos ist meiner Meinung nach, den Einsatz von Vertragsmanagementsoftware an der Anzahl der Mitarbeitenden in einem Unternehmen festzumachen. Grundsätzlich kommt es bei der Entscheidung auf die Frage an: Wie wichtig sind in meinem Unternehmen die Verträge und wie stehen diese im Fokus der Wertschöpfung? So kann es sich unter Umständen bereits ab 100 aktiven Verträgen lohnen, eine Software einzuführen.

Wie gestaltet sich die Nachfrage nach elektronischen Signaturen und elektronischen Siegeln, die Ceyoniq seit vergangenem Jahr in nscale integriert anbietet und wofür werden sie vorzugsweise genutzt?

Krause: Wir merken, dass viele Unternehmen noch nicht zufrieden mit dem Markt der Signaturlösungen waren und erleben eine gute Nachfrage nach unserer integrierten Lösung. Die Integration direkt in das DMS erleichtert den Umgang mit digitalen Signaturen in Unternehmensprozessen enorm und vereinfacht insbesondere das Dokumentieren und Ablegen der unterzeichneten Dokumente. Das Thema Siegeln ist neu und ermöglicht das Siegeln von Dokumenten im Unternehmenskontext, ohne die persönliche Signatur einzelner Mitarbeitender dafür zu benötigen. Das kann in vielen Szenarien ein echter Gamechanger sein.

Kommen Identity Wallets verstärkt zum Einsatz und erleichtern sie die Nutzung?

Krause: Identity Wallets sind ein spannendes Zukunftsthema im Kontext von DMS und CLM, das wir aktiv beobachten. Aktuell sehen wir jedoch noch geringe Nachfrage und begrenzte operative Relevanz. Mit dem Rollout der EU Digital Identity Wallet (EUDI) erwarten wir eine Dynamisierung. Die Einbindung über Standards wie DIDComm oder OpenID4VC werden wir bei Bedarf zügig und unkompliziert realisieren.

Welche weiteren technologischen und marktrelevante Entwicklungen gibt es im Bereich Vertragsmanagement?

Krause: Im Vertragsmanagement treiben vor allem Künstliche Intelligenz, Automatisierung und Cloud-Lösungen die Entwicklung voran. KI-gestützte Analysen, smarte Vertragsprüfungen und digitale Workflows verbessern die Effizienz und unterstützen die Einhaltung von Compliance-Vorgaben. Gleichzeitig steigen durch neue regulatorische Anforderungen und internationale Geschäftstätigkeit die Ansprüche an Transparenz, Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.