ZUGFeRD ermöglicht automatisierte Rechnungsprozesse

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Sind die Rechnungsvorgänge nachvollziehbar, dokumentiert und grundsätzliche Bestimmungen für Rechnungen erfüllt, können Unternehmen seit Mitte 2011 Rechnungen elektronisch übermitteln und empfangen. Dabei müssen sie nicht wie zuvor eine elektronische Signatur hinzufügen oder das Standard-Verfahren Electronic Data Interchange (EDI) nutzen. Prinzipiell gilt sowohl für das Format, in dem die Rechnung erstellt wird, als auch für den Weg, auf dem sie übermittelt wird, Technologieneutralität und Wahlfreiheit.

Jedoch steigt der Nutzen von elektronischen Rechnungen dann, wenn der Empfänger ohne Medienbrüche die relevanten Rechnungsdaten einfach extrahieren und direkt in das Buchungssystem transferieren kann. Große Unternehmen lösen dies seit Jahren per EDI, das sich für kleinere Unternehmen aber oft nicht lohnt. Um auch kleinen und mittleren Unternehmen die Vorteile eines standardisierten Verfahrens zu ermöglichen, hat das »Forum elektronische Rechnung Deutschland (FeRD)« den Standard ZUGFeRD entwickelt. ZUGFeRD erlaubt, Rechnungsdaten in strukturierter Weise in einer Datei  zu übermitteln und diese ohne weitere Schritte wie Texterkennung (Optical Character Recognition, OCR) automatisch auszulesen und zu verarbeiten. Rechnungen gemäß diesem Standard stellen ein Hybrid aus einem PDF-Dokument mit eingebetteten XML-Daten dar, mit deren Hilfe die Rechnungen automatisch oder teilautomatisch verbucht werden können.

ZUGFeRD in der Praxis

Seit April 2015 nutzt die Digitalagentur denkwerk eine ZUGFeRD-basierte Lösung. Wie es dazu kam, schildert Eva-Maria Kaisch, Leiterin Finanzbuchhaltung von Denkwerk: »Ausschlaggebend war letztendlich der Wunsch eines unserer Key Accounts, des weltweit tätigen Süßwarenherstellers Storck, an ihn adressierte Ausgangsrechnungen künftig in elektronischer Form nach dem ZUGFeRD-Standard zu versenden.« Jedoch erwies es sich als technisch aufwändig und kostenintensiv, das ERP-System um ein ZUGFeRD-Modul zu erweitern. Auf der Suche nach Alternativen, stieß Kaisch auf die Lösung des Dokumenten-Management-System-(DMS-) Anbieters DocuWare. Ausgestattet mit einem entsprechenden ZUGFeRD-Modul bot Docuware nicht nur die Voraussetzung, dem Wunsch des Kunden zu entsprechen, sondern gleichzeitig die Möglichkeit, durch das DMS einen Grundstein für die durchgängige Digitalisierung aller buchhalterischen Geschäftsprozesse zu legen.

Heute profitiert Denkwerk auch als Rechnungssteller von der gewählten Lösung. »Dadurch, dass wir auf das Ausdrucken und Versenden per Briefpost verzichten, sparen wir nicht nur personelle, sondern auch ökologische Ressourcen«, beschreibt Kaisch. »Die strukturierte, revisionssichere Ablage in einem zentralen Dokumenten-Pool bietet uns zudem eine Vielzahl an Suchoptionen, sodass wir per Tastendruck auf Dokumente zugreifen können.« Dies spare Zeit, erhöhe die Auskunftsfähigkeit und verbessere den Kundenservice. Darüber hinaus ermöglicht die Nutzung von ZUGFeRD, Rechnungen mit Ländercodes zu kennzeichnen. Daher versendet Denkwerk heute Ausgangsrechnungen sowohl an die deutsche Zentrale von Storck, als auch an europäische Niederlassungen in Polen, Österreich und Rumänien und sogar in die USA.

Kritik an ZUGFeRD

Wie eingangs erwähnt ist ZUGFeRD keine zwingende Voraussetzung für den elektronischen Rechnungsaustausch. Als Kritiker des Standards bemängelt Dr. Ulrich Kampffmeyer, Geschäftsführer von Project Consult die Erschaffung eines neuen Systems: »Ziel muss sein, verarbeitungsfähige Daten direkt aus dem einen kaufmännischen System in ein anderes kaufmännisches System zu übermitteln – ohne den Umweg, erst Container zu bauen und diese dann wieder aufzulösen.« Außerdem weist er darauf hin, dass die internationale Akzeptanz fraglich sei und es schon länger interessante Alternativen wie Web-EDI und PEPPOL gebe. Als kein Fan von ZUGFeRD bekennt sich auch Manfred Terzer, Geschäftsführer von Kendox: »Erfassungs- beziehungsweise Capturing Software hat sich in den letzten Jahren enorm verbessert. Inzwischen ist sie so gut, dass sie alles erkennen und auslesen kann.« Zusätzliche ZUGFeRD-Elemente zu installieren, hält er nicht für nötig.

Rechnungsmanagement-Experte Christian Brestrich, Senior Berater von B&L Management Consulting, bestätigt die Verbesserung der Capturing-Lösungen bei gleichzeitigem Preisrückgang, so dass sich auch kleine Unternehmen entsprechende Lösungen leisten können. »Solange wir über Kopf- und Fußdaten reden, sind die Systeme mittlerweile tatsächlich sehr weit,« so Brestrich, der aber auch darauf hinweist, dass »der große Vorteil der strukturierten Rechnungsdaten, die auch in ZUGFeRD enthalten sind, allerdings die elektronische Lieferung der Rechnungspositionen ist.« Diese können ohne weitere manuelle Bearbeitung direkt in das Buchhaltungssystem der Unternehmen importiert werden. Natürlich sei es auch möglich, mittels OCR die Rechnungspositionen auszulesen. Dabei ist die Erkennungsrate allerdings wesentlich geringer als bei Kopf- und Fußdaten. Insbesondere bei mehrseitigen Rechnungen stoßen die Systeme an gewisse Grenzen. Für die Mitarbeiter entstehen wieder manuelle Aufwände für die nachträgliche Überprüfung und Korrektur der erkannten Daten.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.