Schreiben in Deutschland: Tastatur hat Papier verdrängt
Schreibmaschine hat Handschrift nicht verdrängt
Inhalt dieses Artikels
Am 18. Dezember 1866 stellte Peter Mitterhofer am Kaiserhof in Wien die erste funktionstüchtige Schreibmaschine vor. Vielleicht hatte man dort gerade andere Sorgen, schließlich hatte man im selben Jahr den Krieg gegen Preußen verloren und musste sich mit der neuen Rolle als Juniorpartner im deutschen Sprachraum zurechtfinden. Auf alle Fälle kam ein Gutachten zu dem Urteil, eine Anwendung der aus Holz gefertigten Apparatur in der Praxis sei nicht zu erwarten. So kann man sich täuschen. Vom Pioniergeist Mitterhofers zeugt heute ein Schreibmaschinenmuseum in seinem Geburtsort in Partschins in Südtirol.
Nur zwei Jahre später ließen sich in den USA Carlos Glidden und Christopher Latham Sholes eine Variante aus Metall patentieren. Deren Potenzial erkannte der Waffenhersteller Remington und begann 1876 mit der Serienproduktion. Später griffen friedlich gesinntere Firmen das Prinzip auf und manche kam über die Schreibmaschine dann zum Drucker – zum Beispiel das japanische Unternehmen Brother.
Heute stellt sich vielfach die Frage, ob überhaupt noch gedruckt werden soll. Da erscheint eine Umfrage, ob Menschen noch auf Papier schreiben, etwas anachronistisch – sie gibt aber interessante Einblicke in das Schreibverhalten der Deutschen und den Umgang mit Papierdokumenten.
Stift oder Tastatur?
Die Marktforschungsplattform Appinio hat im Auftrag von Speechi, einem Spezialisten für interaktive Bildschirme, in einer repräsentativen Umfrage in Deutschland ermittelt, welchen Stellenwert Handschrift und Papier respektive Tastatur und digitale Werkzeuge haben – und darüber hinaus interessante Einblicke in Schreib- und Kommunikationsgewohnheiten gewonnen.
Der Umfrage zufolge ist es heute in Deutschland üblicher, auf einer Tastatur (40 Prozent) als auf Papier (19 Prozent) zu schreiben. 37 Prozent der Deutschen tun beides gleichermaßen. Allerdings gaben 40 Prozent der Befragten an, dass sie lieber auf Papier schreiben. 41 Prozent tun dies auch mehrmals am Tag.
Handschrift bei Jüngeren unpopulär
Allerdings ist die Vorliebe für Stift oder Tippen eine Generationenfrage. 48 Prozent der 18- bis 34-Jährigen bevorzugen das Tippen, Bei den 35- bis 65-Jährigen sind es nur 37 Prozent. Für Jugendliche und junge Erwachsene (»Generation Z«) ist die Sache eindeutig: Sie verwenden lieber eine Tastatur (39 Prozent) als einen Stift (25 Prozent). Ebenso eindeutig – aber genau in der gegenteiligen Ausprägung – sind die Vorlieben bei den 55- bis 65-Jährigen. Tippen bevorzugen da 19 Prozent, Schreiben dagegen 45 Prozent.
Bei den 18- bis 24-Jährigen mag die Neigung zum Tippen auch mit ihrem eher schwierigen Verhältnis zu ihrer Handschrift zusammenhängen. 63 Prozent von ihnen wurden diesbezüglich schon einmal kritisiert, und mehr als die Hälfte fürchtet sich vor dem Urteil anderer über ihre Handschrift. Im Gesamtdurchschnitt der Bevölkerung liegen diese Werte jeweils über 12 Prozentpunkte niedriger.
Schreiben bleibt
Auch wenn Tastaturen und Tippen nicht mehr wegzudenken sind, wird der Stift vor allem für schnelle Notizen oder Post-it-Zettel für kurze Erinnerungen in die Hand genommen. Die Mehrheit der befragten Deutschen schreibt täglich auf Papier. 60 Prozent tun dies einmal oder mehrmals täglich, 28 Prozent mindestens einmal pro Woche. Lediglich 1 Prozent gibt an, nie einen Stift zu verwenden.
Frauen nutzen die Kombination aus Stift und Papier deutlich häufiger als Männer. 45 Prozent benutzen sie täglich, bei den Männern sind es nur 38 Prozent. In der Umfrage gaben zudem 68 Prozent an, dass sich die Autokorrektur positiv auf das allgemeine Rechtschreibniveau ausgewirkt hat, bei den von KI generierten Textvorschläge sind 60 Prozent dieser Meinung.
Mehrheit für inklusives Schreiben
Interessant für die Kommunikation von Unternehmen dürfte auch Einstellung zum derzeit in der öffentlichen Diskussion heftig umstrittenen inklusiven Schreiben sein. Ein repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für T-Online hatte für das »Gendern« im September 2023 eine deutliche Ablehnung ergeben. »Geschlechtergerechte Sprachformulierungen« fanden da von allen Befragten 76 Prozent »eindeutig schlecht« (66,4 Prozent) oder »eher schlecht« (9,7 Prozent). Ähnliche fiel eine bereits 2021 durchgeführte Umfrage des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) aus. Hier lehnten im beruflichen Umfeld 71 Prozent Gendersprache ab.
Eine Umfrage des WDR im Herbst 2022 hatte mehr Details dazu abgefragt. Da fanden geschlechtsneutrale Formulierungen insgesamt 52 Prozent weniger gut oder gar nicht gut. Allerdings kam es im Detail auch stark darauf an, wie die Formulierungen konkret aussehen. Stern, Doppelpunkt, Unterstrich und Schrägstrich waren am unbeliebtesten (fanden 59 Prozent nicht gut). Geschlechtsneutrale Ausdrücke wie »Studierende« wurden stärker akzeptiert (lehnten nur 37 Prozent ab) und die Option, männliche und weibliche Form zusammen zu nennen (»Kolleginnen und Kollegen«) fanden mit 69 Prozent am meisten gut.
Die Appinio-Umfrage (die ebenfalls den Anspruch erhebt, repräsentativ zu sein) kommt nun nahezu zum Gegenteil der Ergebnisse der von Civey für T-Online durchgeführten Umfrage. Denn hier befürwortet eine deutliche Mehrheit (70 Prozent) sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld (69 Prozent) eine inklusive Schreibweise. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Befragten vertrat die Ansicht, dass sie die Kommunikation erleichtert, 15 Prozent sind der Meinung, dass sie dadurch erschwert wird. Rund zwei Drittel sehen inklusives Schreiben als einen Fortschritt für die Gleichstellung der Geschlechter.
Allen Umfragen gemeinsam ist, dass als Faustregel gelten kann: Je jünger die Befragten sind, umso eher sind sind sie für inklusive Schreibweisen aufgeschlossen oder sind sie ihnen sogar wichtig – wobei »wichtig« im Sinne der WDR-Umfrage vor allem Zustimmung signalisierte. Inzwischen scheint auch Gegnern die Frage bedeutender geworden zu sein. Die hohen Werte für die Zustimmung bei der Appinio-Umfrage könnten zudem darauf zurückzuführen sein, dass nur Personen bis 65 Jahren befragt wurden. Bei der Civey-Umfrage war in der Altersgruppe darüber mit 86 Prozent die Ablehnung am größten.
Weitere Artikel
Möglich durch KI: Amagno stellt CECM vor
Das deutsche Unternehmen Amagno zählt zu den ersten ECM-Herstellern weltweit, die aktuell Conversational Enterprise Content Management (CECM) anbieten können. Die integrierte KI »Amagno.AI« ermöglicht den Chat mit Verträgen, Rechnungen, Vorschriften und Co.
Canon kombiniert Büro- und Produktionsdruck in einem System
Mit dem Büro-Multifunktionssystem »imageFORCE C7165« führt Canon eine neue Technologieplattform ein. Sie soll sonst nur aus dem Produktionsdruck bekannte Funktionen auch auf Druckgeräten im Büroumfeld ermöglichen.