IDC-Studie: Da ist viel Potenzial für Print-Management

So gehen die Deutschen mit ihren Dokumenten um. Alle zwei Jahre untersucht IDC die Trends im Print- und Document-Management in Deutschland. Kurzfazit vorab: Es tut sich was, aber die Vorankommensschritte sind zäh und mühsam. Dabei sind es weniger die technischen Hürden – der Mensch ist vielmehr die nichttechnische Hürde. Change-Management wäre angesagt – allerdings nicht nur bei dokumentenintensiven Geschäftsprozessen.

Vor allem ECM-Software steht auf der Wunschliste, wenn es um Automatisierung von Geschäftsprozessen geht (Grafik/Quelle: IDC)
Vor allem ECM-Software steht auf der Wunschliste, wenn es um die Automatisierung von Geschäftsprozessen geht (Grafik/Quelle: IDC)

Die Fachabteilungen deutscher Unternehmen fordern die bessere Unterstützung ihrer dokumentenintensiven Geschäftsprozesse sowie ein Höchstmaß an Sicherheit für geschäftskritische Informationen. Die IT will dieser Herausforderung mit Print- und Document-Management begegnen. Nicht-technische Hürden stehen einer schnelleren Umsetzung allerdings im Wege, so das Fazit der neuen IDC-Studie »Print und Document Management in Deutschland 2014«.

Ziel der im November 2013 durchgeführten Marktbefragung unter 220 Unternehmen in Deutschland mit mindestens 200 Mitarbeitern war es, die aktuellen Trends und Pläne bei Maßnahmen zur Optimierung von dokumentenintensiven Geschäftsprozessen mittels Print-und Document-Management zu ermitteln.

NSA-Affäre zeigt Wirkung: Sicherheit hat höchste Priorität

Während vor zwei Jahren bei einer IDC-Befragung zum gleichen Thema die IT-Sicherheit »nur« auf Platz zwei der Anforderungen an die IT stand, zeigt die NSA-Affäre offensichtlich auch hierzulande Wirkung: Die Gewährleistung der Sicherheit hat vor allem für die IT-Entscheider selbst (69 Prozent) die mit Abstand höchste Priorität, aber auch für die Geschäftsbereiche (47 Prozent) ist sie von entscheidender Wichtigkeit. »Man muss wirklich staunen, wie schnell sich die NSA-Sache auch in diesem Marktsegment auswirkte«, erklärt Matthias Kraus, Analyst und zuständiger Projektleiter für die Studie bei IDC gegenüber ECMguide.de.

Auf Platz zwei rangiert für die befragten IT-Entscheider die Senkung der IT-Kosten (47 Prozent), während die Fachbereiche vor allem die bessere Unterstützung der Geschäftsprozesse (45 Prozent und die schnellere Erfüllung neuer Anforderungen (40 Prozent) umgesetzt sehen wollen.

Anwender haben verstanden: Print-Management reduziert Druckkosten

Worum geht es bei Print- und Document-Management im Prinzip? In einem ersten Schritt werden die Druckkosten mittels Print-Management reduziert – das ist offenbar verstanden und bereits in vielen Unternehmen erfolgreich umgesetzt. Im nächsten Schritt werden mit Hilfe von Document-Management zunächst Teilbereiche von dokumentenbasierten Abläufen verbessert, bevor im letzten Schritt die Geschäftsprozesse optimiert und automatisiert werden. »Da ist noch viel Potenzial vorhanden«, betont Kraus, da ein Großteil der Geschäftsprozesse – von der Bestellung über die Rechnungslegung bis hin zum Personalwesen – dokumentenbasiert ist.

Inwiefern der schematisch aufgezeigte Transformationsprozess der Realität in deutschen Unternehmen entspricht, zeigen die folgenden IDC-Ergebnisse. Aktuell betreiben 37 Prozent der befragten deutschen Unternehmen ihre Druckerumgebung mittels Print-Management. Knapp ein Drittel plant die Einführung von Print-Management innerhalb der kommenden ein bis zwei Jahre, und weitere 25 Prozent beschäftigen sich intensiv mit der Thematik. Hier muss IDC-Analyst Kraus aber ernüchternd eingestehen: »Relativ ähnliche Ergebnisse gab es schon mal vor zwei Jahren. Das heißt: Man ist in den Unternehmen nur wenig vorangekommen.«

Mittelstand erkennt jetzt das brachliegende Potenzial

Interessant ist hier vor allem, dass der Mittelstand das brachliegende Potenzial offenbar nun auch erkannt hat und sich intensiv damit auseinandersetzt. Anscheinend befinden sich die meisten Unternehmen noch auf Stufe zwei und auf dem Weg zu Stufe drei des skizzierten Modells.

IDC beobachtet, dass sich die Anforderungen an Managed-Print-Services (MPS) im Vergleich zur Studie aus dem Jahr 2012 verändert haben. Nach wie vor wollen IT-Entscheider zwar vor allem die direkten Druck- (57 Prozent) und Betriebskosten (54 Prozent) senken. Allerdings ist aber sowohl bei den IT- (41 Prozent) als auch bei den Fachabteilungs-Verantwortlichen (42 Prozent) die Optimierung dokumentenintensiver Prozesse auf der Prioritätenliste nach oben gerückt.

Mit Document-Management soll alles schneller gehen

Print- und Document-Management wachsen also immer enger zusammen – ein insgesamt wenig überraschendes Ergebnis. Offenbar erkennen die Unternehmen inzwischen, dass die aus einer umfassenden Analyse von Druckverhalten und Anforderungen gewonnene Transparenz eine ideale Ausgangsbasis darstellt, um papierbasierte Prozesse mit Verbesserungspotenzial zu identifizieren und digitalisieren.

Hier sehen Unternehmen Optimierungsbedarf bei ihrem Print- und Document-Management (Grafik/Quelle: IDC)
Hier sehen Unternehmen Optimierungsbedarf bei ihrem Print- und Document-Management (Quelle: IDC)

Dokumentenintensive Geschäftsprozesse sollen mittels Document-Management verbessert werden. In erster Linie erwarten die Befragungsteilnehmer dadurch schnellere Abläufe (41 Prozent), die Produktivität der User soll gesteigert werden. In die gleiche Richtung zielt die Anforderung, dass Dokumente und Informationen schneller gefunden (39 Prozent) werden können. Im Hinblick auf den stetigen Anstieg von verfügbaren, aber größtenteils unstrukturierten Daten, ist dies eines der wichtigsten Ziele.

Viele Unternehmen haben inzwischen begonnen, Teilbereiche von dokumentenintensiven Prozessen mit Software und Services zu optimieren. So sind Funktionen zum Scannen und zur manuellen Weiterleitung von Dokumenten (78 Prozent), elektronische Formulare (54 Prozent) und elektronische Archivierung (44 Prozent) oder Lösungen für sicheres Drucken und Authentifizierung (40 Prozent) am häufigsten im Einsatz.

ECM-Software steht ganz oben auf der Wunschliste

Die Zukunftsplanungen gehen allerdings noch einen Schritt weiter, der manuelle Aufwand bei Eingang, Verarbeitung und Ausgabe von Dokumenten soll deutlich verringert werden. So sollen ECM-Software zur Automatisierung von Dokumentenprozessen (49 Prozent), Lösungen zum Scannen, Indexieren und automatischen Weiterleiten von Papierdokumenten (45 Prozent) sowie der elektronische Eingang von Dokumenten inklusive der automatischen Weiterbearbeitung per EDI (45 Prozent) in den kommenden zwölf bis 24 Monaten umgesetzt werden. Hier ist es wieder der Mittelstand, der das gesamte Potenzial der Optimierungsmöglichkeiten ausschöpfen will.

Diese geplanten Maßnahmen und Pläne klingen zunächst einmal vielversprechend. Allerdings hatten sich bereits in der IDC-Befragung im Jahr 2012 die damals befragten Firmen vorgenommen, den Automatisierungsgrad von Geschäftsprozessen binnen einer Zweijahresfrist zu erhöhen. Die Realität zeigt allerdings, dass viele Unternehmen in ihren Bemühungen noch nicht wesentlich weiter gekommen sind.

Unterschätzt: Prozess- und personenbezogene Hürden

»Die Optimierung von dokumentenbasierten Geschäftsprozessen ist ein langwieriger Prozess. Hierbei müssen zahlreiche nicht-technische Hürden überwunden werden, deren Komplexität wurde offenbar in der Vergangenheit von vielen Stakeholdern unterschätzt«, erklärt Kraus. »Die IT-Abteilung ist daher gezwungen umzudenken, und sich weiterzuentwickeln. Diese Erkenntnis ist nicht neu, dennoch erstaunt es, dass trotz dieses Wissens selbst in Zeiten des harten Wettbewerbs immer noch viel brachliegendes Potenzial zu identifizieren ist.«

Die vorliegenden Ergebnisse untermauern diese Einschätzung, denn technische Barrieren wie etwa die aufwendige Implementierung von Document-Solutions-Software (23 Prozent) oder die Integration dieser Software-Tools mit Unternehmensapplikationen und Datenbanken (20 Prozent) im Rahmen der Prozessautomatisierung stellen nicht die einzigen Hürden dar. Zusätzlich müssen sich die Unternehmen auf prozessbezogene Maßnahmen wie die fehlende Transparenz der Abläufe (25 Prozent) konzentrieren.

Es gibt viel zu tun – vor allem für Lösungsanbieter

Komplexe IT-Systeme und Abläufe sind zunächst professionell zu analysieren und transparent darzustellen, um die Auswirkungen auf den Geschäftserfolg bewerten zu können. Erst nach dieser Analyse kann die Auswahl der passenden Optimierungsmaßnahmen und -Tools erfolgen. Die Anpassung und Konsolidierung der eigentlichen Prozesse auf organisatorischer Ebene ist nach Überzeugung von IDC ebenfalls ein entscheidender Hebel, um das Optimierungspotential auszuschöpfen.

Ernüchternd ist, dass lediglich 19 Prozent der Befragungsteilnehmer dies erkennen. Hier ist noch viel Luft nach oben. Lösungsanbieter müssen sich entsprechend positionieren, um die internen IT-Abteilungen in diesem Punkt kompetent zu unterstützen. Die IT wiederum muss endlich ihr angestammtes Rollenverständnis hinter sich lassen und sich neu aufstellen.Die enge Zusammenarbeit von IT und Geschäftsbereichen ist die größte Barriere – aber auch die größte Chance.

Große Barriere: Kooperation von IT und Geschäftsbereichen

Eine enge Kooperation von IT und Geschäftsbereichen ist unumgänglich. Doch genau diese enge Zusammenarbeit (31 Prozent) stellt die größte Barriere dar. Die Fachbereiche trauen der IT-Abteilung die Prozessoptimierung nicht immer zu. Umgekehrt monieren die IT-Entscheider die fehlende Unterstützung des Managements. Überdies tun sie sich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Ansprechpartner in den verschiedenen Unternehmnsbereichen und der daraus resultierenden Komplexität schwer.

Wie bei vielen anderen vermeintlichen IT-Themen auch ist der Einfluss der Fachabteilungen bei Entscheidungen zur Optimierung von dokumentenintensiven Geschäftsprozessen heute schon wesentlich größer, als die IT vielleicht selbst annimmt. Das vorliegende Ergebnis ist deshalb als Aufforderung an den IT-Entscheider zu verstehen, ihr Rollenverständnis zu überdenken und mit den Abteilungen in Dialog zu treten.

Fazit: IT-Abteilung unterschätzt die nicht-technischen Hürden

Mittels Print- und Document-Management wollen die befragten deutschen Unternehmen Geschäftsprozesse schneller, zuverlässiger und sicherer gestalten. Rückblickend ist festzustellen, dass die Firmen und Organisationen in ihren Bemühungen in den letzten beiden Jahren dabei noch nicht maßgeblich weitergekommen sind. Der Grund: die IT-Abteilung unterschätzt nach wie vor die nicht-technischen Hürden und/oder stellt sich dieser neuen Aufgabe nach Meinung von IDC noch nicht mit dem nötigen Engagement. »Etwas Change-Management wäre gefragt«, resümiert Kraus.

IDC empfiehlt IT-Verantwortlichen zwar nach wie vor eine schrittweise Optimierung von dokumentenbasierten Geschäftsprozessen. Bei allen Maßnahmen – und das ist in diesem Ausmaß dank NSA-Skandal neu – steht die Gewährleistung von Sicherheit über allen anderen Zielsetzungen.

Um bei der Prozessoptimierung den entscheidenden Schritt vorwärts zu kommen, rät IDC, Unterstützung von externen Experten in Betracht zu ziehen. Ein hoher Beratungs- und Schulungsbedarf ist eindeutig festzustellen. Besonders nachgefragt werden hier branchenspezifisches Know-how und Komplett-Angebote aus einer Hand, um ein bestmögliches Optimierungsergebnis zu erzielen.

IDC beobachtet im Markt zwar eine zunehmend stärkere vertikale Ausrichtung bei Anbietern, zudem werden sukzessive integrierte Ansätze und Lösungen angeboten, um beispielsweise mobile Lösungen mit Print-Management-Funktionalitäten oder Mobile-Device-Management-Software (MDM) zu kombinieren. Das ist nach Einschätzungen von IDC ein guter Ausgangspunkt. Dennoch sollten Lösungsanbieter sich stärker als Partner und Moderator zwischen der IT und den Fachabteilungen positionieren.

»Der wichtigste Aspekt aktuell ist aber die adäquate Adressierung des hochsensiblen Themas Datensicherheit«, gibt Kraus zu bedenken. »Auch hier müssen die Anbieter noch einen Teil ihrer Hausaufgaben erledigen. Stellen sich Anwender und Anbieter von Print- und Document-Management jetzt ihren jeweiligen Herausforderungen, zeigt sich uns in 24 Monaten sehr wahrscheinlich ein ganz anderes Bild des Marktes.«

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About the Author: Engelbert Hörmannsdorfer