Änderungen in der Neufassung der GoBD aus DMS-Sicht

GoBD regelt wie digitale Unterlagen steuerkonform gespeichert werden (Bild: Clker-Free-Vector-Images/Pixabay)

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GoBD regelt wie digitale Unterlagen steuerkonform gespeichert werden (Bild: Clker-Free-Vector-Images/Pixabay)

Die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) gelten seit 2015 und wurden nun erstmals überarbeitet. Das Bundesministerium der Finanzen hatte eine Neufassung bereits im Juli 2019 auf seiner Internetseite veröffentlicht, diese wegen weiterem Abstimmungsbedarf wieder zurückgezogen. Maßgeblich sind nun die GoBD in der Fassung des BMF-Schreibens vom 29. November 2019.

Die darin enthaltenen Änderungen und Ergänzungen, die die Themen Archivierung und Dokumentenmanagementsysteme (DMS) betreffen, hat Bernhard Zöller, Geschäftsführer des Beratungsunternehmen Zöller & Partner im Folgenden für ECMguide zusammengestellt. Für DMS-Anwender hat sich nach Zöllers Ansicht nicht so viel geändert: »Anwender müssen nicht mehr Aufwand fürchten, vielmehr wurden manche bereits bekannten Themen konkretisiert und teilweise sprachlich an neue Verfahren – beispielsweise Abfotografieren von Belegen statt Scannen -angepasst.« Die Änderung aus DMS-Sicht sind:

Nutzung von Cloud-Systemen zulässig

In der Vergangenheit wurde an den GoBD bemängelt, dass zu wenig auf Outsourcing-Themen und damit verbundene Technologien eingegangen wurde. Die nun vorhandene Konkretisierung um Anwendungen und Betriebsszenarien ist eine sinnvolle Ergänzung. Randziffer 20 erwähnt die Cloud als Plattform explizit. Ob eine steuerrelevante Anwendung intern oder in der Cloud betrieben wird, macht demnach keinen Unterschied.

Ersetzende Konvertierung zulässig unter Randbedingungen

Eine wichtige Konkretisierung befindet sich in Randziffer 135, die aus einer Eingabe durch Zöller & Partner sowie der Steuerberatung Peters, Schönberger und Partner hervorgeht. Es geht um die Zulässigkeit der Konvertierung von steuerrelevanten Daten und Dokumenten. Bei dieser Art von Umwandlung waren bisher beide Versionen aufzubewahren sowie die konvertierte Version als solche zu kennzeichnen. Dies ist nun bei der Einhaltung der folgenden Bedingungen nicht mehr erforderlich:

  • Es wird keine bildliche oder inhaltliche Veränderung vorgenommen
  • Bei der Konvertierung gehen keine aufbewahrungspflichtigen Informationen verloren
  • Die ordnungsgemäße und verlustfreie Konvertierung wird dokumentiert (Verfahrensdokumentation)
  • Die Auswertbarkeit und Datenzugriff durch die Finanzbehörde werden nicht eingeschränkt
  • Beispiele für entsprechende Konvertierungen:
    • XML-Daten in interne Formate (zum Beispiel EDIFACT in IDOC)
    • Bilddaten im JPG- oder TIF-Format in PDF-Dokumente mit eingebetteten Bilddaten (JPEG in PDF oder ITU-G3/G4 in PDF
    • Umwandlung von PDF-Dokumenten in PDF/A (gegebenenfalls mit der Ergänzung von Volltextinformationen)
    • Mailformate (MSG, EML) in PDF- oder PDF/A
    • Office-Formate in PDF

Umwandlung von Formaten

Formate könnten technisch veralten, neue Formate bieten neue Möglichkeiten. Somit gibt es neben der Anforderung, Daten an die jeweiligen verarbeitenden Anwendungen anzupassen, auch unter Langzeitaspekten die Anforderung, Formate zu konvertieren. Dies ist nun unter den obigen Rahmenbedingungen auch zulässig – und, was noch viel wichtiger ist: Das Ursprungsformat muss in diesem Fall nicht weiter aufbewahrt werden.

Aus DMS-Sicht ist diese Erleichterung bei der Konvertierung von Dokumenten sehr hilfreich. Dies wird am Beispiel des TIF-Formats deutlich, welches in der Vergangenheit häufig für die Archivierung von Eingangsdokumenten genutzt wurde.

Dokumente, die im TIF-Format aufbewahrt werden, liegen als Single- oder Multipage-TIFF-Dateien vor. Sie können schwarz-weiße oder farbige Seiten enthalten und, hiervon abhängig, können auch Kompressionsverfahren genutzt werden. Bei Schwarz-Weiß-Scans wird beispielsweise seit 25 Jahren ein Kompressionsformat gewählt, welches ursprünglich bei der CCITT (heute: ITU) für den digitalen Fax-Dienst entwickelt wurde. Daher auch der Name: CCITT Gruppe 3 oder Gruppe 4. Durch das mittlerweile häufiger genutzte Farbscanning kommen andere Verfahren, wie MRC (Mixed Raster Contant), zum Einsatz.

Umverpacken von TIFF- und JPEG-Dateien

Diese Kompressionsverfahren sind technisch ohne »Hülle« jedoch nicht darstellbar. Die beliebtesten Hüllen sind daher TIFF und PDF. Mit anderen Worten: Eine schwarz-weiß gescannte Seite einer Rechnung ist bildlich identisch, egal ob sie in einem TIFF-Viewer oder einem PDF-Viewer angezeigt wird. Davon ausgehend ist die Überführung einer TIFF- beziehungsweise JPEG-Datei in PDF nun explizit erlaubt, da im Rahmen der Umstellung keine verändernden Aktionen durchgeführt werden. In diesem Fall handelt es sich um ein reines »Umverpacken« in ein anderes Kuvert, worüber insbesondere die dauerhafte Erfüllung der GoBD-Anforderungen sichergestellt wird. Damit wird im Rahmen der Konvertierung beziehungsweise des Umverpackens von TIFF oder JPEG in PDF sichergestellt, dass die maschinelle Auswertbarkeit nicht eingeschränkt und keine inhaltliche Veränderung vorgenommen wird.

Was sich an der GoBD geändert hat, weiß Bernhard Zöller, Geschäftsführer von Zöller & Partner (Bild: Zöller & Partner)

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Was sich an der GoBD geändert hat, weiß Bernhard Zöller, Geschäftsführer von Zöller & Partner (Bild: Zöller & Partner)

Dies gilt aber nicht für jede Art von Konvertierung. So können bei der Umwandlung von Excel in PDF Auswertungsmöglichkeiten verschwinden oder bei der Umwandlung von Mails in PDF – je nach Software – Mail-Eigenschaften nicht mehr verfügbar sein. Auch bei Formatkonvertierungen für archivierte Dokumente, insbesondere bei einem Produktwechsel, kann es Veränderungen geben, die die bildliche oder inhaltliche Unveränderbarkeit beeinflussen. Dies sind beispielsweise Bildoptimierungen, Neukompression der Bilddateien oder das Einbrennen von grafischen Annotationen. Hier muss die Gleichheit sichergestellt sein und es darf nicht zu einem Informationsverlust kommen. Unkritisch hingegen sind beispielsweise das Hinzufügen von Volltext- oder Signaturinformationen zu PDF-Dateien, da hierdurch die Lesbarkeit der Bildinformationen nicht beeinflusst wird.

Bei sorgfältiger Vorgehensweise ist somit die bildliche und inhaltliche Identität gegeben und bleibt über die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist uneingeschränkt erhalten. Zudem wird sichergestellt, dass das Recht auf Datenzugriff über die Konvertierung keinerlei Einschränkungen erfährt und die konvertierten Dokumente für alle drei Zugriffsarten uneingeschränkt zur Verfügung gestellt werden können.

Somit ist die Anpassung der GoBD hier eine wichtige Klarstellung, da sie die heute typischen Vorgehensweisen bei technischen Migrationen legitimiert.

Erfassung mit mobilen Endgeräten zulässig

In der Randziffer 130 werden. Smartphones als zulässige Endgeräte für die Erfassung von Papierdokumenten explizit erwähnt. Ein typischer Anwendungsfall, der auch als Beispiel erwähnt wird, ist das Scannen von Reisekostenbelegen durch die Mitarbeiter, um den Abrechnungsprozess zu beschleunigen. Auch können nicht scanbare Formate, beispielsweise sehr große Dokumente, für die keine Scannerinfrastruktur vorhanden ist, über diesen Weg erfasst werden.

Für diese Erfassungsvariante stellte sich bisher die Frage, ob hierfür besondere Anforderungen an Gerät und Prozess gestellt werden müssen oder ob die gleichen Anforderungen an Lesbarkeit und Vollständigkeit wie bei Papierdokumenten zu gelten haben, wie sie bereits in der GoBD beschrieben sind. Dies wird nun klargestellt. Die Ordnungsmäßigkeitsanforderungen müssen erfüllt und eine Prozessbeschreibung muss in der Verfahrensdokumentation dokumentiert sein (Eingang, Scannen,  wegen außersteuerlicher Anforderungen)

Scannen im Ausland zulässig

Hintergrund ist das vermehrte Einscannen von Belegen per Scan-App bei Auslandsreisen. Die grundsätzlichen Möglichkeiten der Auslagerung der Buchhaltung und Teilen davon ins Ausland ist bereits über § 146 Abs. 2a der Abgabenordnung geregelt. Nach entsprechender Genehmigung war und ist dies zulässig. Folgerichtig wird in den Randziffern 130 und 136 auf die bildliche Erfassung im Ausland eingegangen – auch mit mobilen Endgeräten. Es ist sowohl zulässig, im Ausland entstandene oder empfangene Belege direkt zu verarbeiten als auch Papierdokumente im Rahmen einer genehmigten Verlagerung der elektronischen Buchführung ins Ausland dort zeitnah zu scannen – was aber auch heute schon gelebte Praxis bei außereuropäischen Shared-Service-Centern ist.

Umgang mit inhaltlich identischen Mehrstücken

Seit dem ZUGFeRD-Format für elektronische Rechnungen, welches ein Rechnungsdokument und zusätzlich einen Rechnungsdatensatz beinhaltet, wird über den Begriff des inhaltlich identischen Mehrstücks diskutiert. Was ist denn jetzt genau die Rechnung? Was muss als Buchungsgrundlage verwendet werden? Was muss man aufbewahren?

Für diesen Fall stellen die GoBD in Randziffer 76 fest, dass hier nur das Format mit den höchsten Auswertungsmöglichkeiten aufbewahrt werden muss:

  • Elektronische Dokumente sind besser als Papier
  • Durchsuchbare elektronische Dokumente sind besser als elektronische Bilder
  • Strukturierte Daten sind besser als unstrukturierte Daten

Natürlich steht es jedem Anwender frei, auch diese Daten / Dokumente aus betrieblichen Gründen zusätzlich in anderen Formaten aufzubewahren, zum Beispiel weil man in einem DMS einen einheitlichen Zugriff über das PDF/A-Formate sicherstellen möchte – unabhängig vom ursprünglichen Format der Daten.

Umgang mit Ausgangsrechnungen und AGBs

In der Randziffer 76 wird die Anforderungen an den Umgang mit Ausgangsrechnungen detailliert. Hier gilt wie bisher die inhaltliche Aufbewahrung (also die Aufbewahrung der Rechnungsdaten anstatt des erstellten Dokumentes) als ausreichend, wenn sichergestellt ist, dass diese Daten unverändert aufbewahrt werden – also beispielsweise unabhängig von Stammdatenänderungen sind. Hier stellt sich nun oft die Frage nach dem Umgang mit den in der Rechnung enthaltenen AGBs und allgemeinen Angaben und ob deshalb nicht doch ein Rechnungsdokumente inklusive dazugehöriger AGB aufbewahrt werden muss.

In diesem Zusammenhang wird festgestellt, dass dies nicht erforderlich ist, wenn die AGBs separat aufbewahrt und historisiert werden und es jederzeit erkennbar ist, welche AGB-Version für welches Rechnungsdokument gilt. Bezüglich der Layout-Informationen einer Ausgangsrechnung (Logos, Geschäftsführer-Informationen, grafische Gestaltung der Rechnung) sollte ebenfalls eine Übersicht vorhanden sein, welche Variante für welchen Zeitraum gegolten hat. Diese Regelungen gehören dann in die Verfahrensdokumentation.

Z3-Zugriff auf Altdaten nach Systemmigration ausreichend

Randziffer 142 fordert unverändert, dass Daten und Dokumente nach einem Systemwechsel auch im Ursprungssystem aufbewahrt werden müssen, wenn dieses nicht die gleichen quantitativen und qualitativen Auswertungsmöglichkeiten besitzt wie das neue System. Da letztendlich alle Anwendungen immer etwas unterschiedlich sind, ist hier die Unsicherheit vorhanden, ob man das Altsystem nach einer Migration nun wirklich abschalten darf.

In Randziffer 164 wird jetzt eine Erleichterung eingeführt. Ab dem sechsten Jahre nach einer solchen Migration ist der Z3-Zugriff auf diese Daten ausreichend. Das Altsystem muss somit in diesem Fall nicht mehr für den Z1-Zugriff verfügbar gehalten werden und die Bereitstellung der Daten ist ausreichend. Unbenommen gelten aber weiterhin die steuerlichen Aufbewahrungsfristen für Dokumente und Daten.

Verfahrensdokumentationen müssen versioniert werden

In der Randziffer 154 ist eine Konkretisierung zum Themenbereich Verfahrensdokumentationen erfolgt. Nun wird noch einmal explizit erwähnt, dass Änderungen in der Verfahrensdokumentation historisch nachvollziehbar sein müssen. Immer nur die aktuelle Version vorzuhalten, ist nicht ausreichend. Alte Versionsstände (Bsp. mit alten Prozessbeschreibungen, vorherigen Arbeitsanweisungen, alte Übersichten über IT-Komponenten) müssen während der Aufbewahrungsfrist von steuerrelevanten Daten und Dokumenten ebenfalls aufbewahrt und somit bei Bedarf auch zur Verfügung gestellt werden.

Die einfachste Variante ist hier sicher die Ablage im Dateisystem mit entsprechender Versionierung und passendem Ausdruck. Da aber auch für die Verfahrensdokumentation die Grundsätze für Nachvollziehbarkeit und Unveränderbarkeit gelten, kann die Pflege der Inhalte in einem Content Management System oder die Verwaltung der Dateien in einem DMS sinnvoller sein.

Neben den Basisdokumenten einer Verfahrensdokumentation (allgemeine Beschreibung, Anwenderdokumentation, technische Systemdokumentation Betriebsdokumentation) sind auch oft Anlagen, wie Testdokumentation, Organisationshandbücher oder IT-Übersichten Bestandteil einer Verfahrensdokumentation. Für diese Dokumente erfolgt eine Pflege oft durch unterschiedliche Stellen, so dass hier der Hinweis auf nachvollziehbare Versionierung von besonderer Bedeutung ist. Gerade wenn diese Anlagen nicht direkt durch die Verantwortlichen der Verfahrensdokumentation gepflegt werden, muss hier auf eine saubere Versionierung geachtet werden.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.