»Mit einer reinen Archivierung ist es nicht getan«

Nicht erst der aktuelle VW-Abgas-Skandal zeigt, wie wichtig es für Unternehmen ist, die – vor allem auch interne – Kommunikation, welche ja häufig per E-Mail abläuft, vollständig zu archivieren. Wie verbreitet ist die E-Mail-Archivierung in der Praxis aus Ihrer Sicht tatsächlich?

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Mosbach: Leider sind Tools für E-Mail-Archivierung noch sehr gering verbreitet und eher in größeren Unternehmen zu finden. Nicht selten überlassen Unternehmen es dem Mitarbeiter selbst, sich um die Ablage der E-Mails zu kümmern. Ein fataler Fehler, steht doch die Unternehmensführung in der Verpflichtung und Haftung, eine ordnungsgemäße und rechtskonforme Aufbewahrung und Verfügbarkeit von E-Mails sicherzustellen. E-Mails mit Außenwirkung sind als Handelsbriefe einzustufen und müssen gemäß § 238 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) über einen Zeitraum von sechs Jahren archiviert werden; ebenso sind gemäß § 147 Abgabenordnung (AO) sonstige E-Mails mit steuerrechtlichem Bezug aufzubewahren.

Welche Hauptprobleme haben Unternehmen bei der Auswahl von E-Mail-Archivierungslösungen?

Mosbach: Das größte Problem stellt sicherlich die Tatsache dar, dass es mit einer reinen Archivierung nicht getan ist. Vielmehr haben archivierte E-Mails immer einen Bezug zu einem Geschäftsprozess. In diesem Kontext braucht es jeweils die Verknüpfung mit anderen Dokumenten oder geschäftsrelevanten Informationen. Zahlreiche klassische E-Mail-Archivsysteme erfüllen diese Vorgabe jedoch gar nicht bzw. bilden diese nicht ab.

Die Einhaltung von Compliance-Regeln, die sich unter anderem aus GoBD, HGB und AO ergeben, ist ein Haupttreiber von E-Mail-Archivierungslösungen. Wie lassen sich die Regelungen am einfachsten einhalten?

Mosbach: Am einfachsten lassen sie sich einhalten, wenn man eine rechtskonforme E-Mail-Archivierungslösung einsetzt, die per se die benötigte Funktionalität inklusive Dokumentation und Protokollierung mit sich bringt. Neben deren ordnungsgemäßem Betrieb – u.a. in Bezug auf die Datensicherung – bedarf es auch einer klaren Verfahrensanweisung für die Mitarbeiter, die definiert, was erlaubt bzw. untersagt ist.

Damit Unternehmen nicht nur die Einhaltung von Regeln mit einer E-Mail-Archivierungslösung erreichen, sondern auch einen geschäftlichen Nutzen erzielen, sollten sie die E-Mail-Archivierung mit Geschäftsprozessen verknüpfen. Wie weit fortgeschritten sind hier die Lösungen im Betriebsalltag?

Mosbach: Um diesen Aspekt zu erfüllen, braucht es natürlich nicht nur die Betrachtung der E-Mail, sondern aller im Kontext stehenden Dokumente und Prozessinformationen. Die meisten auf dem Markt verfügbaren E-Mail-Management-Lösungen von ECM-Anbietern decken diese Kriterien ab, reine E-Mail-Archivierungs-Lösungen allerdings nicht. Hier gilt es, die Unterschiede genau zu beachten.

Office365 und natürlich auch viele weitere Softwareprodukte laufen heutzutage in der Cloud, On-Premise und hybrid. Welche Auswirkungen hat dies auf die E-Mail-Archivierung und das E-Mail-Management?

Mosbach: Zum einen sollte die E-Mail-Archivierungslösung ebenfalls cloudfähig sein. Zum anderen sind auch rechtliche Aspekte zu berücksichtigen. So ist beispielsweise für alle steuerrelevanten Informationen sicherzustellen, dass die Daten im eigenen Land oder – die entsprechende Genehmigung vorausgesetzt – innerhalb Europas archiviert werden. Ansonsten kann es problematisch werden.

Gibt es überhaupt die richtigen Archivierungswerkzeuge für Cloud-, On-Premise- und Hybrid-Umgebungen?

Mosbach: Natürlich. Insbesondere E-Mail-Archivierungslösungen von namhaften ECM-Anbietern unterstützen heute sowohl On-Premise-Umgebungen als auch die Cloud-Pattformen.

Mehr und mehr Unternehmen setzen für die interne Kommunikation auf Collaboration-Tools, die zum Teil Bestandteil von Enterprise-Content-Management-Systemen sind oder wie bei Sharepoint als Haupttool dafür zu sehen sind. Verändert sich dadurch die Situation in der E-Mail-Archivierung oder dem E-Mail-Management?

Mosbach: Im Prinzip ja, da ein Großteil der Kommunikation, die bisher per E-Mail erfolgte, nun auch über Collaboration-Systeme geführt wird. Dies ist jedoch eher positiv zu werten, da im Gegensatz zur E-Mail, die so manches Mal im Nirwana verschwindet, ein klarer Kontextbezug erhalten bleibt. Aber auch hier gilt die Archivierungspflicht aller geschäftsprozessrelevanten Informationen. Daher haben wir in unsere ELO ECM-Systeme bzw. in die E-Mail-Clients standardmäßig Collaboration-Funktionalität integriert.

E-Mail ist nur ein Kanal im digitalen Dialog. Wie können Unternehmen dies hinsichtlich der Archivierung und des Input-Managements berücksichtigen?

Mosbach: Hierfür braucht es langfristig mehr als eine reine Archivierungslösung. Eine ganzheitliche ECM-Lösung erfüllt meist all diese Aspekte über ein breites Lösungsportfolio, aber auch dank vielfältiger Anbindungsmöglichkeiten von Fremdsystemen. Nur so ist ein ganzheitliches Managen aller geschäftsrelevanten Informationen möglich.

Wie entwickelt sich speziell für ELO der Bereich E-Mail-Management und –Archivierung?

Mosbach: Die Anforderungen steigen auch im Bereich E-Mail-Management stetig. Daher arbeiten wir aktuell an einer technologisch komplett neu entwickelten Lösung für das E-Mail-Management. Neben einem größeren Leistungsumfang zeichnet sie sich vor allem durch ihre Zukunftssicherheit aus. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach geschäftsprozessrelevantem E-Mail-Management mittelfristig nochmals gehörig anziehen wird.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.