Studien zur Digitalisierung von Bitkom, Arithnea und Ricoh

Anlässlich der am Dienstag stattgefundenen hub conference in Berlin präsentierte der Digitalverband Bitkom eine aktuelle repräsentative Umfrage unter Unternehmen aller Branchen ab 20 Mitarbeitern. Abgefragt wurden digitale Technologien wie 3D-Druck, Virtual Reality oder Cognitive Computing. Dabei kam unter anderem heraus, dass bisher erst 5 Prozent der Unternehmen in Deutschland 3D-Druck-Verfahren einsetzen, 20 Prozent den Einsatz in Erwägung ziehen. Im produzierenden Gewerbe liegt der Anteil der Nutzer von 3D-Druck bei 16 Prozent und weitere 40 Prozent planen den Einsatz. Virtual Reality nutzen bislang 2 Prozent der Befragten, jedes neunte Unternehmen (11 Prozent) prüft den Einsatz. Bei Cognitive Computing beziehungsweise Verfahren der künstlichen Intelligenz liegt die Anwenderquote bei 1 Prozent. 7 Prozent der Befragten stehen vor der Einführung.

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Obwohl die Nutzerzahlen digitaler Technologien prozentual fast nur im einstelligen Bereich liegen, blickt der Bitkom-Präsident Thorsten Dirks optimistisch in die Zukunft: »Die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft nimmt Fahrt auf. Die neuen Technologien sind zusätzliche Beschleuniger.« So ermöglichen 3D-Druck-Verfahren eine flexiblere und kostengünstigere Produktion. Mit Virtual Reality können neue Produkte, Bauvorhaben oder die Ergebnisse von Datenanalysen besser visualisiert werden. Cognitive Computing bildet die Grundlage für digitale Assistenten, die Berufstätige bei ihrer Arbeit unterstützen. Laut Umfrage wollen 40 Prozent der Unternehmen ihre Investitionen in digitale Technologien im Jahr 2016 steigern, die Hälfte davon kräftig. Bei 48 Prozent bleiben die IT-Investitionen unverändert und nur bei 8 Prozent nehmen sie eher ab. Jedes fünfte Unternehmen (19 Prozent) will im Jahr 2016 gezielt in die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle investieren.

Digitalisierung verändert entstehende Produkte und Dienstleistungen

Die Ergebnisse der Studie zeigen auch, dass die Digitalisierung Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hat. 41 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass sie als Folge der Digitalisierung neue Produkte und Dienstleistungen anbieten. Umgekehrt haben 16 Prozent deshalb bereits Produkte vom Markt genommen. Fast zwei Drittel (63 Prozent) der Unternehmen haben ihre Produkte beziehungsweise Leistungen um digitale Zusatzdienste ergänzt. Beinahe jedes dritte Unternehmen (32 Prozent) setzt dabei auf interaktive Online-Kommunikation, zum Beispiel über soziale Medien. Fast jedes vierte Unternehmen (23 Prozent) hat digitale Transaktionsdienste eingeführt, zum Beispiel Online-Shops oder Buchungssysteme, und jedes fünfte (21 Prozent) bietet digitale Service-Angebote, zum Beispiel eine Fernwartung per Internet.

Ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche digitale Transformation bestehender Geschäftsmodelle ist aus Sicht des Bitkom, dass dieses Thema fest in der Organisation verankert wird. Doch nur etwa jedes fünfte Unternehmen (18 Prozent) gibt an, dass es eine eigene organisatorische Einheit gegründet hat, die sich ausschließlich mit der Digitalisierung beschäftigt. Bei großen Unternehmen ab 500 Mitarbeitern sind es dagegen 42 Prozent. »Eigenständige Digitaleinheiten bieten die Möglichkeit, jenseits eingefahrener Strukturen mit neuen Technologien zu experimentieren«, so Dirks. »Wichtig ist, dass die Ergebnisse Eingang in die gesamte Organisation finden.« Dafür sei vor allem der Rückhalt der Geschäftsführung und einer personelle Verankerung im Top-Management notwendig. Immerhin 8 Prozent aller Unternehmen haben einen Chief Digital Officer (CDO) beziehungsweise Leiter Digitalisierung, der nicht mit dem IT-Leiter oder CIO zu verwechseln ist. Bei den Großunternehmen ab 500 Mitarbeitern sind es laut Bitkom sogar 25 Prozent.

ARITHNEA-Studie spricht von weniger deutschen CDOs als der Bitkom

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Allerdings sieht eine aktuelle Studie von ARITHNEA, ein Beratungs- und Lösungsunternehmen für das digitale Business, einen dedizierten Chief Digital Officer in deutschen Unternehmen noch als absolute Ausnahmeerscheinung. Jedoch fordern Experten einen CDO, der als Hauptverantwortlicher die Digitalisierung steuert und vorantreibt und dabei die zentrale Vermittlerrolle zwischen der Geschäftsleitung und den Fachabteilungen einnimmt. Internationale Großkonzerne wie McDonald’s, Toyota, Starbucks, Nestlé oder L’Oreal haben einen solchen CDO bereits im Einsatz. Um den Status quo der Digitalen Transformation in Deutschland zu ermitteln, hat Arithnea im August 2016 50 Geschäftsführer und Vorstände deutscher Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern befragt.

Auf die Frage, wer der Hauptverantwortliche für die Digitale Transformation sein sollte, nannten hier fast zwei Drittel (62 Prozent) den CIO beziehungsweise den IT-Leiter. Für den CDO votierten lediglich 10 Prozent. Gerade einmal zwei der befragten Unternehmen haben selbst einen CDO im Einsatz. »Der Großteil der Unternehmen siedelt die Aufgabe der Digitalen Transformation immer noch beim CIO und damit in der IT an. Damit wird er der ganzen Tragweite der Digitalisierung aber nicht gerecht«, kommentiert Olaf Kleidon, CEO von Arithnea die Ergebnisse. »Digitale Transformation bedeutet mehr als nur Prozesse zu digitalisieren.« Kleidons Meinung nach benötigen Unternehmen neue Geschäftsmodelle und Strategien, komplett neue Organisationsstrukturen und neues Know-how, was nicht die Aufgabe der IT sein könne. »Die Digitalisierung muss vom CEO ausgehen und sollte von einem dedizierten CDO umgesetzt werden, der über genügend Macht verfügt, um die nötigen Veränderungen abteilungsübergreifend durchzusetzen.«

Stimmen aus der Wirtschaft zum Thema CDO und CIO

Klaus Rovara, Head of Digital Business to Consumer bei BSH Hausgeräte, bestätigt im Rahmen der Befragung die Notwendigkeit eines CDO. Bei BSH Hausgeräte wird die Digitale Transformation vom CEO vorangetrieben und unter der Leitung eines CDO umgesetzt. »Die Digitale Transformation ist kein Technologie-, sondern ein organisatorisches Thema, und um die Mitarbeiter mitzunehmen, muss man Überzeugungsarbeit leisten«, so Rovara. Dazu brauche es eine zentrale Instanz, die den nötigen Businessdruck ausübe und die Einzelbereiche koordiniere. Werden die Fachbereiche sich selbst überlassen, wird laut Rovara nie ein initialer Transformationsruck durch das Unternehmen gehen.

Die unbedingte Notwendigkeit für einen CDO sieht Christoph Khodja, Leiter IT Solution Center beim Finanzdienstleister GRENKE, hingegen nicht. »Die Frage, ob ein CDO benötigt wird, hängt stark von der Unternehmenskultur ab. Ist das Geschäftsmodell eines Unternehmens – so wie bei uns – per se tief von IT durchdrungen, kann die IT-Organisation der entscheidende Impulsgeber sein. Allerdings benötigt sie Unterstützung auf CXO-Ebene und muss ferner eng mit den Fachbereichen zusammenarbeiten.«

Ein Viertel der Deutschen kann bei der Digitalisierung nicht mithalten

Interessant ist bei all diesen Betrachtungen jedoch auch, inwieweit die breite Bevölkerung mit der Digitalisierung zurechtkommt, was aus einer von Ricoh gesponserten und von Kantar TNS (ehemals TNS Infratest) durchgeführten Studie mit dem Titel »D21-Digital-Index 2016« hervorgeht. Demnach hält die Gesellschaft gerade so mit den steigenden Anforderungen der Digitalisierung mit. Mit 26 Prozent gehören 18 Millionen Menschen zu den »Digital Abseitsstehenden« und mit 43 Prozent und 30 Millionen Menschen zu den »Digital Mithaltenden«. Nur knapp ein Drittel, etwa 21 Millionen Menschen, gehören zu den »Digital Vorreitenden«. Ein Fazit lautet, dass die Komplexität der Digitalisierung die Menschen zunehmend vor größere Herausforderungen stellt. Nicht nur Unternehmen, sondern auch die Gesellschaft muss auf die Digitalisierung vorbereitet sein, damit in dieser Hinsicht nicht zu viele Menschen abgehängt werden.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.