Großes Lösungsangebot für elektronische Rechnungsverarbeitung

Projekte zur elektronischen Rechnungsverarbeitung sind in Unternehmen sehr populär und stellen eine der Top-Anwendungen im Dokumentenmanagementsystem- (DMS-) Bereich dar. Doch nicht nur für DMS-Anbieter stellt die elektronische Verarbeitung von Eingangsrechnungen einen wichtigen Anwendungsbereich dar, sondern auch für den Hersteller von Workflowlösungen Jobrouter: Bei Jobrouter ist der am meisten verbreitete Prozess die Rechnungsprüfung«, so Fritz-Jochen Weber, Gründer und Vorstandsvorsitzender von Jobrouter. Neben DMS- und Workflowunternehmen tummeln sich aber auch noch Anbieter von Erkennungstechnologien wie Capture- und OCR-Firmen, Spezialanbieter für die elektronische Rechnungsverarbeitung und DMS- und ERP-Systemintegratoren sowie Software-as-a-Service-Anbieter.

Anwender sehen sich bei der Auswahl einer fast unübersichtlichen Anbieterschar gegenüber, die auch noch sehr unterschiedliche Lösungen bereithält. Der international tätige E-Invoicing-Berater Bruno Koch schätzt in dem von ihm verfasste Billentis Report E-Invoicing / E-Billing, dass allein die Zahl der E-Invoicing-Anbieter in den letzten 20 Jahren von unter 15 auf fast 1500 angewachsen ist. Bis 2024 könnte der Umsatz der Branche von aktuell 3,3 auf 16,1 Milliarden Euro ansteigen. »Die Schätzung umfasst Lösungen und Dienstleistungen, welche direkt mit dem Austausch und der Verarbeitung von E-Rechnungen gemäß Definition in dieser Studie angeboten werden: Netzwerk-Services für elektronische Rechnungen, Kommunikations-Gateways, SaaS, PaaS, Implementierung, Mehrwertdienstleistungen wie Datenvalidierung, Formatierung und Synchronisation. Für die Rechnungsverarbeitung ebenfalls relevante Workflow- und Archivlösungen sind jedoch kein Bestandteil der Schätzung, da diese häufig auch für andere Geschäftsdokumente benutzt werden.« Nach Kochs Aussage sind in Deutschland etwa 140 Netzwerkbetreiber aktiv.

Tipps für die Suche nach Lösungen zur elektronischen Rechnungsverarbeitung

Um den Aufwand bei der Lösungssuche möglichst gering zu halten, empfiehlt Christian Brestrich, Senior-Berater bei B&L Management Consulting: »Jedes Unternehmen sollte sich vor den ersten Gesprächen mit möglichen Anbietern ein klares Projektziel setzen und einige Grundsatzentscheidungen treffen.« Eine dieser Entscheidungen sei die Einbeziehung von Dienstleistern oder die Anschaffung einer Inhouse-Lösung.

Zu überlegen ist auch, wie hoch der Automatisierungsgrad bei der elektronischen Rechnungsverarbeitung sein soll. Genügt ein Kopfdatenabgleich der Basisangaben Kreditoren-, Bestellungs- und Rechnungsnummer sowie Betrag inklusive Mehrwertsteuer, oder will man auch den Positionsabgleich und vollautomatische Freigabe- und Zahlungsworkflows. »Außerdem müssen die eigenen Anforderungen und Rahmenbedingungen wie die Anzahl der relevanten Rechnungen oder die vorhandene Lieferantenstruktur bekannt sein«, so Brestrich. Wichtig sind ebenfalls die Rechnungsarten und -umfänge. Handelt es sich vorwiegend um Einzelrechnungen oder sind auch viele Sammelrechnungen beziehungsweise Rechnungen mit vielen Positionen auf mehreren Dutzend Seiten darunter?

Entscheidend ist das Rechnungsvolumen einerseits für die Kosten, da sowohl Services als auch Softwarelizenzen die Kosten häufig seitenbasiert berechnen. Andererseits spielen das Volumen und die Beschaffenheit funktional eine Rolle. Sollen die verschiedenen Positionen von unterschiedlichen Bereichen und Mitarbeitern unabhängig voneinander und parallel freigegeben werden, benötigen die Lösungen eine positionsbezogene Freigabe. Jedoch können dies viele Lösungen nicht und bieten nur eine sequentielle Prüfung und Freigabe der gesamten Rechnung durch alle Beteiligte an. Dadurch entsteht ein hoher Zeitaufwand, den Unternehmen mit elektronischer Rechnungsverarbeitung gerade vermeiden wollen.

Die Elektro-Material AG automatisiert Rechnungsbearbeitung bis zur Zahlungsbuchung

»Außerdem müssen die eigenen Anforderungen und Rahmenbedingungen wie die Anzahl der relevanten Rechnungen oder die vorhandene Lieferantenstruktur bekannt sein. Mit diesen Voraussetzungen können mögliche Anbieter angesprochen werden. Durch die detaillierte Vorarbeit erreicht man vergleichbare und vor allem auch belastbare Angebote«, ergänzt Brestrich. Für die Digitalisierung des Rechnungsprüfungsprozesses über »JobRouter« machte das schweizerische Elektrogroßhandelsunternehmen Elektro-Material AG (EM) eine Bestandsaufnahme, die unter anderem folgende Fragestellungen enthielt:  Welche Lieferantenschnittstellen gibt es? Welcher Mitarbeiter hat welche Rollen? Wie hat die Nachprüfung von Bestellungen und Differenzen zu erfolgen?

Seit Anfang 2015 wird die Rechnungsverarbeitung bei EM in den Sprachen Deutsch, Französisch und Italienisch zentral mit Jobrouter gesteuert. Inzwischen arbeiten neben dem Hauptsitz in Zürich alle zehn EM-Niederlassungen mit der Lösung. Vereinfacht dargestellt verbindet das Workflow-System die Rechnungsdaten mit den Bestelldaten aus dem Warenwirtschaftssystem, stellt die erforderlichen Überprüfungen an und leitet bei 100 Prozent Übereinstimmung den Buchungsprozess und den Zahlungslauf automatisch ein. Der Grad der Dunkelverarbeitung, bei der es zur vollautomatischen Rechnungsverarbeitung und Buchung kommt liegt aktuell zwischen 85 und 87 Prozent. Dadurch erreicht EM eine Effizienzsteigerung, die weit über den ursprünglichen Erwartungen liegt. Daher sollen bald weitere Projekte folgen wie die Digitalisierung des Genehmigungsprozesses und des Vertragsmanagements.  

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.