Bitkom-Umfrage zur corona-bedingten Digitalisierung
Zu Beginn der Corona-Pandemie eingeleitete Maßnahmen wie Videokonferenzen oder Kollaborationstools werden laut einer Unternehmensumfrage des IT-Branchenverbands Bitkom mehrheitlich beibehalten oder sogar noch ausgeweitet. »Die Pandemie hat zu einem nachhaltigen Digitalisierungsschub in der deutschen Wirtschaft geführt. Die wegen Corona aus der Not heraus eingeleiteten Digitalisierungsmaßnahmen haben sich vielerorts bewährt und werden auch in einem künftigen Normal-Betrieb vorangetrieben. Diese digitale Aufbruchsstimmung müssen wir nutzen«, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. »Die Politik sollte die Entwicklung unterstützen und darf keine neuen Hürden errichten. Und auch die Unternehmen müssen ihre Digitalprojekte jetzt ganz konsequent umsetzen. Digitalisierung ist kein Problem, das es zu lösen gilt. Digitalisierung ist ein dauerhafter Prozess und vor allem ist sie der Schlüssel, um die großen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern – vom Klimaschutz bis zur Sicherung wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze und unseres Wohlstands.«
Corona steigert Bedeutung der Digitalisierung
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Neun von zehn Unternehmen (92 Prozent) geben an, dass durch die Corona-Pandemie die Digitalisierung im eigenen Unternehmen an Bedeutung gewonnen hat, vor einem Jahr lag der Anteil bei 84 Prozent. Und sogar 94 Prozent sehen einen Bedeutungszuwachs der Digitalisierung für die deutsche Wirtschaft insgesamt (2020: 86 Prozent). Mit 34 Prozent sehen sich verglichen mit dem Vorjahr (27 Prozent) wieder mehr Unternehmen als Vorreiter bei der Digitalisierung. Zwei Drittel (65 Prozent) sehen sich eher als Nachzügler (2020: 71 Prozent), aber keines (2020: 1 Prozent) meint, den Anschluss verpasst zu haben.
Das spiegelt sich laut Bitkom auch in einer Vielzahl konkreter Digitalisierungsmaßnahmen wider, die aufgrund der Corona-Pandemie angegangen oder intensiviert wurden. So haben 92 Prozent Videokonferenzen statt persönlicher Treffen neu eingeführt oder ausgeweitet, drei Viertel (74 Prozent) Tools zur digitalen Zusammenarbeit und rund zwei Drittel (63 Prozent) haben zusätzliche Hardware angeschafft. Prozesse wurden häufig digitalisiert, etwa indem digitale Dokumente statt Papier (66 Prozent) oder digitale Signaturen statt der handschriftlichen Unterschrift (60 Prozent) genutzt werden. 60 Prozent entwickeln digitale Geschäftsmodelle und 41 Prozent haben Beratungen zur Digitalisierung genutzt. Im Personalbereich haben acht von zehn (81 Prozent) Homeoffice ausgeweitet oder neu eingeführt, 61 Prozent setzen auf die Weiterbildung der Beschäftigten zu Digitalthemen, rund jedes Zweite (48 Prozent) hat Recruiting und Onboarding digitalisiert und 17 Prozent Digitalisierungs-Experten eingestellt. »Viele Unternehmen haben sich während der Pandemie vom Papier verabschiedet. Das zeigt: Digitalisierung im Unternehmen ist nichts Abstraktes, Digitalisierung besteht aus einer Vielzahl von konkreten Maßnahmen gepaart mit einem neuen Denken«, so Berg.
Pandemie-bedingte Digital-Projekte laufen weiter
Die große Mehrheit der Unternehmen will auch künftig an ihren durch Corona angestoßenen Projekten zur Digitalisierung festhalten oder diese ausweiten. So wollen fast alle Unternehmen (97 Prozent), die in der Pandemie digitale Signaturen verwendet haben, diese weiter oder sogar verstärkt nutzen. Beim Einsatz digitaler Dokumente statt Papier beträgt der Anteil 95 Prozent, ebenso bei der Weiterbildung der Beschäftigten zu Digitalthemen. 87 Prozent bleiben Kollaborationstools treu, 82 Prozent der Neueinstellung von Digital-Expertinnen und -Experten und 80 Prozent setzen weiter auf Beratungen zur Digitalisierung. Jeweils drei Viertel entwickeln ihre digitalen Geschäftsmodelle weiter (75 Prozent) oder nutzen digitale Tools für das Recruiting (74 Prozent), zwei Drittel sind es bei der Anschaffung neuer Hardware (69 Prozent) und dem Einsatz von Videokonferenzen statt persönlicher Treffen (68 Prozent). Allein beim Homeoffice zeigt sich ein anderer Trend: Hier wollen nur 27 Prozent an den Corona-Regelungen festhalten oder diese ausweiten, aber 71 Prozent wollen sie ganz oder teilweise wieder zurücknehmen. »Digitale Technologien leisten weiterhin einen wichtigen Beitrag, dass während der Pandemie die Arbeit in den Unternehmen aufrechterhalten werden kann. Die Erfahrungen waren dabei überwiegend so positiv, dass die Unternehmen ihren Weg in die digitale Wirtschaft weitergehen wollen«, so Berg.
Steigendes Interesse für neue digitale Technologien
Der coronabedingte Digitalisierungsschub sorgt nach Ansicht des Bitkoms zudem für eine stärkere Beschäftigung mit entscheidenden digitalen Technologien in der deutschen Wirtschaft. So geben inzwischen drei Viertel (73 Prozent) an, Big Data zu nutzen oder den Einsatz zu planen oder zu diskutieren. Vor zwei Jahren waren es erst 59 Prozent. Das Internet of Things, das insbesondere bei der vernetzten Produktion wichtig ist, beschäftigt zwei Drittel (65 Prozent) gegenüber 44 Prozent 2019. Für jeweils rund die Hälfte sind 3D-Druck (54 Prozent, 2019: 43 Prozent), der neue Mobilfunkstandard 5G (53 Prozent, 2019: 32 Prozent) und Virtual beziehungsweise Augmented Reality (50 Prozent, 2019: 32 Prozent) ein Thema. Jedes dritte Unternehmen (34 Prozent) setzt sich mit Künstlicher Intelligenz auseinander oder nutzt KI-Technologien – verglichen mit zwölf Prozent 2019 ist das der deutlichste Anstieg. Autonome Fahrzeuge spielen in 30 Prozent der Unternehmen eine Rolle (2019: 17 Prozent). Dagegen stagniert die Beschäftigung mit der Blockchain (vier Prozent, 2019: sechs Prozent).
Hemmnisse bei der Digitalisierung
Deutliche Veränderungen zum Vorjahr gibt es bei den Gründen, die Unternehmen bei ihren Digitalisierungs-Bemühungen bremsen. So beklagen acht von zehn (79 Prozent) die Datenschutz-Anforderungen. Das ist ein Anstieg um zehn Prozentpunkte verglichen mit dem Vorjahr. Ebenfalls um zehn Prozentpunkte zugelegt hat der Fachkräftemangel, den zwei Drittel (65 Prozent) der Unternehmen als Digitalisierungs-Bremse benennen. Und fast jedes Zweite (46 Prozent) sagt, es fehle an der Zeit im Alltagsgeschäft, um die Digitalisierung voranzubringen (2020: 37 Prozent). Langwierige Entscheidungsprozesse, die die Digitalisierung bremsen, beklagen 30 Prozent und damit deutlich mehr als im Vorjahr mit 19 Prozent. Seltener genannte Digitalisierungs-Hemmnisse sind dagegen Anforderungen an die technische Sicherheit (42 Prozent), zu geringe finanzielle Mittel (34 Prozent) und die fehlende Verfügbarkeit marktfähiger Lösungen (23 Prozent). »Datenschutz entwickelt sich immer mehr zur Digitalisierungs-Bremse Nummer eins. Dabei geht es nicht nur um die gesetzlichen Vorgaben. In Deutschland besteht eine riesige Verunsicherung, befeuert durch ein weltweit einmaliges Auslegungswirrwarr mit 17 Datenschutzaufsichten in den Ländern und einer im Bund«, so Berg.
Sinkende Investitionsbereitschaft in die Digitalisierung
Im laufenden, von der Pandemie geprägten Jahr hat jedes dritte Unternehmen (34 Prozent) mehr in die Digitalisierung investiert als 2020, aber fast genauso viele (31 Prozent) haben weniger investiert. Rund ein Viertel (27 Prozent) hat die Investitionen nicht verändert. Für das kommende Jahr planen nur noch 12 Prozent steigende Digitalisierungs-Ausgaben, aber 37 Prozent wollen ihre Investitionen zurückfahren. Rund die Hälfte (45 Prozent) will ebenso viel ausgeben wie in diesem Jahr. »Digitalisierung gibt es nicht zum Nulltarif. Konsequente Digitalisierung geht nur mit entsprechenden Investitionen. Als Return gibt es Wettbewerbsstärke, Krisenresilienz und Zukunftsfähigkeit«, motiviert Berg.
In der repräsentativen Umfrage von 602 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland kam auch der Wunsch an die kommende Bundesregierung zum Ausdruck, dass seit Jahren angekündigte Digitalmaßnahmen nunmehr umgesetzt werden. So wollen 99 Prozent, dass Ämter und Behörden alle Leistungen auch digital anbieten, 96 Prozent befürworten den massiven Ausbau von Polizeieinheiten, die auf Internet-Kriminalität spezialisiert sind, und 95 Prozent wünschen sich, dass Daten der Bundesverwaltung grundsätzlich veröffentlich werden sollten.