Published On: 29. Dezember 2025Von

Frauen an der IT-Spitze: Wandel mit Gegenwind

In männerdominierten Führungsetagen von  IT-Unternehmen ist die Luft für weibliche Managerinnen dünn. Dabei gibt es sie, die weiblichen Architektinnen der digitalen Welt. Auch in Deutschland wächst ihr Anteil. Der Wandel erfolgt aber nur schleppend.

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v.l.n.r.: Begona Jara/NetApp, Christina Decker/TrendMicro, Kathrin Redlich/Rubrik, Wibke Laier/Elastic und Moderatorin Carolina Heyder (Bild: Akima)

Weibliche Führungskräfte noch in der Unterzahl

Frauen spielen in der digitalen Welt zunehmend eine wichtige Rolle. Im Vertrieb, dem Kundensupport oder dem Projektmanagement sind viele Positionen weiblich besetzt. Bei einer repräsentativen Befragung des IT-Branchenverbands Bitkom bestätigten 64 Prozent der Unternehmen, dass es in vielen Abteilungen ohne Frauen nicht geht. Im oberen Management zeigt sich ein anderes Bild. Lediglich 27,2 Prozent aller Posten sind hier mit weiblichen Führungskräften besetzt. Relativ wenig weibliche Fach- und Führungskräfte gibt es auch im Bereich Information Management. So erscheinen in unserem Jahresrückblick zu wichtigen Personalwechseln 2025 in diesem Sektor lediglich drei Frauen während 31 männliche Personen genannt sind.

Mentoring fördert weibliche Führungskräfte

Die IT-Branche ist für viele Frauen immer noch eine Herausforderung. Der Weg in die interessanten Jobs der Branche ist oft steinig. Oft fehlt auch das Interesse. Vorurteile wie »das ist nichts für Mädchen« schrecken ebenfalls ab. Um die Begeisterung für Technik zu wecken, sollten Mädchen bereits im Kindergarten beziehungsweise in der Vorschule an das Thema herangeführt werden. Computerkurse in den Schulen und Aktionen wie die »Girls Days« sind weitere Optionen.

Vier hochkarätige Vertreterinnen führender Technologieunternehmen sprachen sich in der Panel-Diskussion »Women in Tech« von Akima für diese Maßnahmen aus. Die Teilnehmerinnen sehen darin einen entscheidenden Beitrag eine neue Generation von Frauen für technische Berufe zu begeistern. Zudem sei es ein Weg, um dem Fachkräftemangel den Kampf anzusagen. In anderen Ländern hat man das längst erkannt.

Hürden auf dem Weg ins Top-Management

Frauen, die Familie und Karriere unter einen Hut bringen wollen, müssen auf dem Weg ins Top-Management in Deutschland immer noch viele Hürden überwinden. Ohne unterstützende Partner, ein gutes soziales Netzwerk und viel Organisation ist das kaum zu stemmen. Hier sind neben der Politik auch die Unternehmen gefragt, damit gut ausgebildeten Frauen die Chance auf eine Karriere haben, ohne auf Familie verzichten zu müssen. Es fehlt vielfach immer noch an adäquaten Arbeitsmodellen, die dies ermöglichen.

Wiebke Laier ist heute Area VP beiElastic und kam als Quereinsteigerin in die IT. Ihr Vorbild ist ihre Großmutter Maria, die in den 1950er Jahren die ersten weibliche Werksleiterin bei Pfaff Nähmaschinen war. »Sie hat nie versucht, der bessere Mann zu sein«, erinnert sich die Enkelin. Diese Maxime hat sie für sich selbst adaptiert. Führen bedeutet für Laier nicht Control & Command, sondern zuhören, beobachten, Interesse zeigen und Fragen stellen. Menschlichkeit ist der 36-jährigen Mutter zweier Kinder in der Zusammenarbeit besonders wichtig. Ihr Führungsstil basiert auf den Säulen Klarheit schaffen, auch Verletzlichkeit zulassen und individuelle Stärken unbedingt fördern.

Diversität hat viele Gesichter

»Diversity ist so viel mehr als nur das Geschlecht,« bringt es Kathrin Redlich, Area Vice President Central Europe bei Rubrik, auf den Punkt. Sie sucht ihn ihrem Team darum gezielt nach der »Superpower« jedes Einzelnen, weil nach ihrer Erfahrung individuelle Fähigkeit jedes Team bereichern. Der vielzitierte Fachkräftemangel ist für Redlich auch auf die mangelnde Digitalisierung in den Schulen zurückzuführen. In weiten Teilen der Republik werden für Schüler immer noch keine Computerkurse angeboten. Ihr Appell: »Wir müssen früher anfangen. Wenn wir nicht früh diverser denken, haben wir keinen Nachwuchs für unsere Branche.«

Kreativität und Individualität fördern

Christina Decker, Director of Strategic Channels Europe bei Trend Micro,  liegt das Thema authentisches Leadership besonders am Herzen. Sie arbeitet seit mehr als 25 Jahren in der IT und führt heute ein Team mit »vielen unterschiedlichen Charakteren«. Decker fördert die Kreativität der Teams und ermuntert ihre Leute, eigene Ideen in den Arbeitsalltag einzubringen. Diese Möglichkeit wird auch genutzt, weil alle wissen, dass eine Idee auch einmal falsch sein darf, ohne dass es Folgen hat. Bei Trend Micro wird dieses Vorgehen aktiv gefördert. Unternehmenskultur ist ein Vorstandsthema und das Unternehmen hat einen eigenen Chief Culture Officer. »Wir alle sind damit konfrontiert, in einer sehr unsicheren Zeit zu leben«, sagt Decker. »Da ist zum einen die geopolitische Situation. Wir haben aber auch sich rasch verändernde Märkte und Technologien, bei denen die KI-Digitalisierung eine ganz große Rolle spielt.«

Menschen in Teams, erwarten von Führungskräften keine perfekten Antworten, so ihre Einschätzung. Vielmehr sei eine vertrauensvolle und authentische Führung gefragt. »Häufig ist in bestimmten Situationen nicht der Veränderungsprozess das Problem, sondern das fehlende Vertrauen in die Führung,« betont sie. Aus diesem Grund setzt sie persönlich auf einen Führungsstil, der Vertrauen schafft. Dazu gehöre es, die Teams auf dem Weg durch den Arbeitsalltag zu begleiten, jeden Einzelnen zu sehen und vor allen Dingen allen Beteiligten auch zuzuhören.

Kulturelle Unterschiede prägen die internationale Führung

Als Mutter von fünf Kinder sorgt Begoña Jara, Deutschland-Chefin bei NetApp, regelmäßig für großes Erstaunen. In Frankreich oder Spanien sind weibliche Führungskräfte mit Familie dagegen eine Selbstverständlichkeit. In Deutschland kommt meist zuerst die Frage: »Geht das überhaupt?« Die gebürtige Spanierin ist in verschiedenen Ländern aufgewachsen und arbeitete sowohl in Europa als auch in den USA und in Lateinamerika. In München lebt sie mit ihrer Familie seit gut zehn Jahren. Ihr internationaler Hintergrund prägt auch ihren Führungsstil. »International zu führen, heißt nicht nur, gut Englisch zu sprechen«, erklärt sie. Vielmehr gehöre es dazu, kulturelle Unterschiede zu verstehen, auch soziale Nuancen zu erkennen und zu wissen, wie unterschiedlich man in den jeweiligen Ländern arbeitet, kommuniziert und Geschäfte macht. Jara plädiert dafür, das Potenzial gut ausgebildeter Frauen zu nutzen und sie verstärkt in die Unternehmen zu holen. Dazu brauche es aber flexible Modelle, damit jede Frau für sich entscheiden kann,  wie sie Karriere und Familie gleichermaßen in ihr Leben integriert.

Fazit für mehr Offenheit

Das Fazit dieser Runde: Diversität anzuerkennen und zu nutzen ist für eine moderne Führungskraft heute essenziell. Frauen können das häufig sehr gut. Menschlichkeit und Authentizität müssen Command & Control-Regeln ablösen. Reden, zuhören, nachfragen und voneinander lernen, schafft Vertrauen bei den Mitarbeitenden und trägt zur Produktivitätssteigerung bei. Darum sollten Führungskräfte ihre Türen öffnen, statt sich abzugrenzen, so die vier Top-Managerinnen unisono.

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About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.
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