Neue Management- und Applikationskonzepte für E-Mails

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Während sich beispielsweise durch Messaging-Dienste, Chat-Plattformen und Apps vieles in der Internet-Nutzung gewandelt hat, hat sich die Verwendung der E-Mail im geschäftlichen Umfeld kaum verändert. Allerdings sorgt die immer noch wachsende E-Mail-Flut dafür, dass die E-Mail-Bearbeitung so manchen Nutzer bis zu zwei Stunden Arbeitszeit täglich kostet. Ein weiteres problematisches Thema in der geschäftlichen E-Mail-Nutzung ist die durch diverse Compliance-Regeln vorgeschriebene Archivierung von E-Mails.
»Geht es vornehmlich um das Thema Compliance, lassen sich solche Regelungen typischerweise über eine rein serverseitige E-Mail-Archivierung einhalten« wie Jörg Eckhard, Vertriebsleiter von DMSFACTORY, erklärt. »Damit werden alle ein- und ausgehenden Emails automatisch archiviert, was praktisch dem früheren Posteingangs- und -ausgangsbuch entspricht. Die Archivierung wird durch definierte Regeln gesteuert, eine Interaktion mit Nutzern ist nicht vorgesehen.« Ein zusätzlicher Nutzen für die eigenen Geschäftsprozesse entstehe damit aber meist nicht.

Server- und clientbasierte E-Mail-Archivierung

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Bei einer clientseitigen Archivierung entscheidet der Anwender, welche E-Mail archiviert wird. Sie ist auch hilfreich, um E-Mails Vorgängen beziehungsweise Akten zuzuordnen. Viele E-Mail-Management-Lösungen am Markt integrieren beide Varianten. So können IT-Verantwortliche sicherstellen, dass die Compliance-Regeln eingehalten werden und Vorteile durch die Zuordnung der E-Mails zu Prozessen entstehen.
Um E-Mails mit Geschäftsprozessen zu verknüpfen, braucht es laut Karl Heinz Mosbach, Geschäftsführer von ELO »natürlich nicht nur die Betrachtung der E-Mail, sondern aller im Kontext stehenden Dokumente und Prozessinformationen. Die meisten auf dem Markt verfügbaren E-Mail-Management-Lösungen von ECM-Anbietern decken diese Kriterien ab, reine E-Mail-Archivierungs-Lösungen allerdings nicht. Hier gilt es, die Unterschiede genau zu beachten.«
Um die volle Automatisierung ganzer Prozesse geht es in der Praxis häufig noch gar nicht. Hier mangelt es an Basisvoraussetzungen, was auch Markus Pichler, Director Business Unit Solutions von ABBYY, bestätigt: »Entgegen der Meinung alle geschäftsrelevanten Daten seien heutzutage bereits digital verfügbar, sieht es in den Unternehmen momentan noch anders aus: Die Digitalisierung, die Anreicherung mit Metadaten und die Extraktion relevanter Daten sind teilweise noch nicht so weit fortgeschritten wie man denkt.« Im ersten Schritt erledigen E-Mail-Management-Lösungen häufig neben der Archivierung die vereinfachende Suche- und Recherche in archivierten E-Mails.

Schweizer Forschungsinstitut Eawag betreibt E-Mail-Management

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So hat beispielsweise das schweizerische Forschungsinstitut Eawag  mit ELO zunächst eine serverbasierte  E-Mail-Archivierung  umgesetzt. Hierbei werden die zu archivierenden E-Mails in  einem allabendlichen Batchjob über eine MAPI-Schnittstelle aus der Exchange- Datenbank entfernt, ins Archiv transportiert und durch einen Platzhalter mit Link zum Original in der Mailbox ersetzt. Das Archiv besteht aus einem Windows Server. Auf ihm laufen die ELO Enterprise Software sowie ein SQL Server, in dem die Metadaten abgelegt werden. Die E-Mails selber werden mit den Attachements auf  dem Filesystem mit Hilfe eines günstigen SATA-Diskarray gespeichert. Alle Archivdaten sind damit online verfügbar. Der Vorteil ist neben der Entlastung der E-Mail-Datenbank der zentrale und schnelle indexierte Zugriff auf die Inhalte.
Trotz der serverbasierten E-Mail-Archivierung entscheiden die Mitarbeiter selbst, welche E-Mails sie ablegen. Dafür haben die Projektverantwortlichen Profile definiert, die die verwendeten User-Mailboxen und Regeln wie E-Mail-Alter und Mailbox-Folder umfassen. Je nach Anforderung kann ein Mitarbeiter zu mehreren Profilen gehören.
Ein neues Tool, das die Archivierung und Recherche von E-Mails direkt aus Microsoft Outlook heraus gestattet, hat beispielsweise Dmsfactory gerade unter dem Namen »EmailStore« entwickelt. »Direkt in Outlook werden aus der E-Mail die Geschäftsdokumente im Dokumenten-Management-System(DMS)-Format erzeugt, verschlagwortet und dann im DMS abgelegt, oder die eigenen persönlichen E-Mails gesichert ins DMS überführt. Durch die vollständige Entfernung der E-Mails aus dem Exchange-Kontext bleibt die Exchange-Datenbank schlank und schnell.

IBM und Microsoft versuchen, E-Mail-Nutzung zu revolutionieren

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Doch Effizienz in der E-Mail-Nutzung entsteht nicht nur durch E-Mail-Management-Lösungen oder weiter gegriffen ganzer Posteingangslösungen, sondern beginnt bei den E-Mail-Applikationen selbst. Im Business-Bereich sind Microsoft mit über 60 Prozent und IBM mit über 20 Prozent weltweiten Marktanteilen laut IDC mit Abstand die beiden Top-Anbieter von E-Mail-Applikationen. Beide investieren viel, um die E-Mail-Software intelligenter und effektiver zu gestalten. IBM hat mehr als 100 Millionen Dollar ausgegeben, um mit »IBM Verse« eigenen Angaben zufolge, »die E-Mail neu zu erfinden«.
IBM Verse integriert in einer Arbeitsumgebung verschiedenste Kommunikationswege – von E-Mail, Meetings und Kalender über File-Sharing, Instant-Messaging und Social-Media bis hin zu Videochats oder anderen Tools. Es orientiert sich an der Bedienung von Tablets und Smartphones. Nutzer können spezifische Informationen aus verschiedenen Content-Formaten in ihrer Inbox einsehen und abrufen. Die Lösung nutzt Analytics-Funktionen, um dem Nutzer die wichtigsten Aufgaben, Termine und E-Mails priorisiert anzuzeigen. Außerdem ist das System lernfähig, das heißt, es erkennt die Vorlieben und Prioritäten des individuellen Nutzers nach einiger Zeit selbständig. Als wichtige Innovation sieht Stefan Pfeiffer, zuständig für Marketing Social & Workforce bei IBM, »die Möglichkeit, statt große Dateianhänge zu versenden, Dokumente gleich im angedockten IBM Connections abzulegen und nur noch zu teilen. So sparen wir Speicherplatz und stellen konsistente Dokumente sicher.«
IBMs großer Konkurrent bei E-Mail-Systemen Microsoft hat sich innerhalb von »Office365« mit der Online-Anwendung »Delve« sowie »Outlook 2016« allerdings Ähnliches einfallen lassen. Microsoft verknüpft unter anderem Office- und Collaboration-Tools und priorisiert E-Mails, Aufgaben und andere Informationen.
E-Mails werden weiterhin eine wichtige Rolle im geschäftlichen Alltag spielen, auch wenn dabei neue Funktionen und Anwendungen stärker integriert sind. Kaum vorstellbar, doch womöglich nimmt dann eines Tages der reine E-Mail-Verkehr tatsächlich einmal ab.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.