Interview mit Christian Baur, CMO, zur Strategie von edoc

Mit »edoc order confirmation« hat der ECM-Spezialist edoc sein eigenes Produktportfolio vor wenigen Monaten erweitert. Damit ging das 1998 als Systemhaus gestartete Unternehmen einen weiteren großen Schritt in Richtung Softwarehersteller. Wir sprachen mit Christian Baur, Baur, CMO und Vorstand von edoc solutions ag über die Hintergründe und Zukunftspläne.

Christian Baur, CMO, edoc

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Christian Baur, CMO von edoc, sieht trotz schwächelnder Wirtschaft die Bereitschaft bei Unternehmen, in Technologien zu investieren, die Prozesse effizienter und schneller machen. (Bild: edoc)

1998 startete edoc AG als klassisches Systemhaus im Umfeld von Enterprise Content Management (ECM). Seit 2002 ist es Partner von d.velop und seit 2008 Partner von xSuite. Warum engagiert sich edoc nun verstärkt in der Entwicklung von eigenen Produkten?

Baur: Wir betreiben schon seit vielen Jahren eine eigene Produktentwicklung. Als Systemhaus haben wir ein starkes Know-how bei der ganzheitlichen Digitalisierung von Prozessen mit spezieller Expertise bei Invoice- und P2P-Projekten aufgebaut. Dieses setzen wir nun produktseitig um und schaffen für unsere Kunden einen echten Mehrwert.

Können Sie das besondere Know-how von edoc näher beschreiben?

Baur: Unsere Kernkompetenz ist seit 1998 Dokumentenmanagement, Prozessdigitalisierung und Automatisierung. Zudem besitzen wir besondere Expertise bei Fachlösungen für den kaufmännischen Bereich – sowohl im SAP- als auch im Microsoft-Umfeld mit Microsoft Dynamics 365 inklusive Business Central und Finance & Operations. Hierfür haben wir voll in die ERP-Systeme integrierbare Lösungen.

Wie viele Beschäftigte arbeiten in der Produktentwicklung?

Baur: Von 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind 35 in der Produktentwicklung – das sind etwas mehr als 20 Prozent. Dazu gehören, Entwickler, Softwarearchitekten, Produktmanager und technische Redakteure.

Ergänzend zu den ERP-Systemen gibt es bereits zahlreiche Lösungen am Markt. Worin sehen Sie die Besonderheiten der edoc-Lösungen?

Baur: Wir haben mit »edoc 365 business process platform« eine eigene Geschäftsprozessplattform auf der alle Fachlösungen aufbauen. Sie lässt sich in der Cloud, OnPremises und hybrid betreiben. Ein wesentlicher Vorteil für die Kunden besteht darin, dass sich die Betriebsform im Hintergrund ohne Migration ändern lässt, und für die Anwenderinnen und Anwender dieselbe Funktionalität und das selbe Look and Feel bestehen bleibt. Von Beginn der Entwicklung an wurde die Softwarearchitektur entsprechend geplant. Zudem setzen wir bereits seit Jahren auf die Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) auf Basis der Microsoft Azure AI services.

„Trotz allgemeiner Investitionszurückhaltung investieren Unternehmen in Technologien, die Prozesse effizienter und schneller machen. Unternehmen wollen sich von repetitiven Aufgaben lösen und alles, was automatisiert werden kann, automatisieren.“

Wie ist die Resonanz auf das neue Produkt »edoc order confirmation«, das edoc vor wenigen Wochen vorstellte?

Baur: Wir stoßen auf eine sehr positive Resonanz, da die P2P-Kette damit komplett ist und die Entlastung des Einkaufs ein großes Thema darstellt. Gerade abseits von SAP gibt es im ERP-Bereich keinen mir bekannten Anbieter, der den gesamten P2P-Prozess mit Standardsoftware bedienen kann und eine nahtlose End-to-End-Automatisierung ermöglicht. Sobald edoc einmalig installiert ist, ist für unsere Kunden besonders vorteilhaft, dass sie weitere edoc-Lösungen mit geringem Implementierungsaufwand einfach zuschalten können. Sie nutzen dann die gleiche Software mit anderen Fachlösungen, haben aber den selben Belegleser, dieselbe Oberfläche, aber andere Workflows. Es besteht also eine geringe Hürde, weitere Module zu ergänzen.

Welche weiteren Neuheiten sind geplant?

Baur: Was die Module angeht, ist die Plattform erst einmal komplett. Jedoch wollen wir KI stärker in die Plattform integrieren und SAP-Cloud-Lösungen noch besser unterstützen. Außerdem planen wir ein neues Managed Service Modell, um für Kunden den kompletten Betrieb der Software und der Infrastruktur übernehmen zu können.

Abseits der Produkt- und Service-Entwicklung: Worin liegen die Unternehmensziele von edoc?

Baur: Wir wollen als Unternehmen weiter wachsen zum einen mit mehr Personal aber auch mit effizienterer Arbeitsweise. Neben dem Direktvertrieb wollen wir auch den indirekten Vertrieb stärker ausbauen, wo wir beispielsweise mit netgo schon erfolgreiche Partnerschaften pflegen. Zudem sehen wir großes Potenzial, durch die App-Stores unserer Softwarepartner wie SAP, Microsoft und d.velop stärker an internationalen Projekten partizipieren zu können. Ferner planen wir für Branchen mit hohem Wachstumspotenzial, spezifische Lösungen zu entwickeln

Schlägt sich die schwächelnde Gesamtwirtschaft auch auf das Geschäft von edoc nieder?

Baur: Trotz allgemeiner Investitionszurückhaltung investieren Unternehmen in Technologien, die Prozesse effizienter und schneller machen. Unternehmen wollen sich von repetitiven Aufgaben lösen und alles, was automatisiert werden kann, automatisieren. Da wir hauptsächlich den Mittelstand bedienen, gibt es im Gegensatz zum Konzernumfeld kaum Firmen, die in diesem Jahr gar kein Budget bereitstellen. Daher sind wir mit der Nachfrage zufrieden.

Wie schätzen Sie das Marktumfeld ein?

Baur: Was uns auffällt, ist, dass der Wettbewerb mehr und mehr verschwimmt. Insbesondere im Microsoft-Umfeld widmen sich Systemhäuser zunehmend der Prozessautomatisierung mit Bordmitteln. Im Vergleich dazu bieten unsere Lösungen einen besonders hohen Automatisierungsgrad, der häufig über klassische ERP-Bordmittel hinausgeht.

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About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.