Gastkommentar: Es wird eine »Internet-Wettervorhersage« kommen

Alles Software – oder was? Diese Frage könnte man sich stellen, wenn man die Produktlinien von Herstellern im Netzwerkbereich betrachtet. Gleich ob WAN-Optimierungssysteme, Server oder Storage- und Netzwerkkomponenten: Ein Großteil ist als Virtual-Machine oder als Service verfügbar. Doch das »Software-Defined Anything« ist nur ein Trend, der das IT-Jahr 2015 prägen wird, so David Hughes, Gründer und CEO von Silver Peak, einem führenden Anbieter von Software, mit der sich Daten schnell, effizient und sicher über große Entfernungen übermitteln lassen.

Gastkommentar von David Hughes, Silver Peak

David Hughes, CEO, Silver Peak

20686-Silver-Peak-david-hughes

David Hughes, CEO, Silver Peak

Doppelbindung: Standorte nach der Formel 99+99 = 99,99 mit Dual-Homing anbinden: Eine kostspielige Vernetzung von Firmenstandorten mit MPLS-Verbindungen (Multi-Protocol Label Switching) ist nicht die einzige Möglichkeit, um eine Service-Verfügbarkeit von 99,99 Prozent zu erreichen. Eine Alternative ist der Einsatz von zwei Internet-Verbindungen. Diese Kombination ist schneller, preisgünstiger und kann sogar eine bessere Qualität und Verfügbarkeit bieten. Neuartige WAN-Optimierungslösungen mit integrierter dynamischer Kontrolle der Übermittlungspfade (Path Control) machen es einfach, eine solche »Dual-Home«-Internet-Anbindung einzurichten und zu verwalten. Im Jahr 2015 werden immer mehr Standorte auf diese Weise in das Firmennetz integriert, nicht mit MPLS-Verbindungen.

Software-defined WAN bekommt »Milchzähne«: SD-WAN wird in Windeseile erwachsen. Die ersten Konzepte der Technologie tauchten Mitte vergangenen Jahres auf. Ab 2015 werden Software-defined-WAN-Lösungen im Produktivbetrieb eingesetzt. Im Unterschied zu Software-defined Networking (SDN) ist SD-WAN nicht auf das Rechenzentrum beschränkt. Vielmehr wird diese Technik die Art und Weise revolutionieren, in der Unternehmen ihren Mitarbeitern in Außenstellen den Zugriff auf Anwendungen im Firmenrechenzentrum ermöglichen.

Das Netzwerk wird zum Service: Selbst etablierte Hersteller von Netzwerk-Hardware bieten ihre Systeme mittlerweile in Form von Software an. Die Trendsetter liefern bereits mehr 75 Prozent ihrer Produkte als Software aus. Diesen Prozentsatz wird die Mehrzahl der Anbieter allerdings erst in einigen Jahren erreichen. Der Grund für den Trend weg von Netzwerk-Hardware: IT-Spezialisten haben endlich erkannt, dass Virtualisierung die Spielregel komplett verändert. Viele IT-Manager führen daher softwarebasierte Netzwerklösungen ein, um von Vorteilen wie der höheren Flexibilität und Kosteneffizienz zu profitieren.

Flotter Mobilfunk: Außenstellungen mit 4G-Mobilfunk ins Firmennetz integrieren: Mit 4G/LTE (Long Term Evolution) steht eine Highspeed-Mobilfunktechnik zur Verfügung, die genügend Bandbreite bietet, in der LTE-Advanced-Version bis zu 300 Mbit/s beim Herunterladen von Daten. LTE eignet sich beispielsweise als »Fall-back«-Technik in Filialen und Außenstellen: Fällt die drahtgebundene Internet-Verbindung aus, springt eine Mobilfunkverbindung auf Basis von LTE ein. Das Zauberwort heißt in diesem Zusammenhang MiFi, also in Anlehnung an WiFi (WLAN) der Einsatz von LTE-Mobilfunk-Hotspots im Unternehmen.

Mehr Performance für Software-as-a-Service: Es ist schön und gut, wenn Unternehmen Anwendungen als Software-as-a-Service (SaaS) aus der Cloud beziehen, vorausgesetzt, die Performance der Applikationen »stimmt«. In 2015 wird »SaaS-Optimierung« daher nicht nur für Office 365 oder Salesforce.com ein Thema sein, sondern alle SaaS-Angebote betreffen. Viele Unternehmen sind derzeit auf der Suche nach umfassenden, durchdachten SaaS-Optimierungslösungen, die sich in Verbindung mit unterschiedlichen Cloud-Diensten einsetzen lassen, nicht nur mit einzelnen.

Infrastructure-as-a-Service kommt »zum Fliegen«: Software-as-a-Service hat den Weg bereitet, jetzt folgt das Beziehen von Infrastrukturdiensten aus einer Cloud (IaaS). Im kommenden Jahr werden kleine Pilotprojekte auf Abteilungsebene zu strategischen IaaS-Implementierungen erweitert. Das größte Hindernis ist dabei der »Onboarding-Prozess«. Eine neue Generation von Produkten und Services wird daher diesen Punkt adressieren und den Einstieg in IaaS einfacher machen.

Network Function Virtualization – Auch Netzbetreiber wollen Software: Bei Software-Defined Networking (SDN) herrscht derzeit bei den Anwendern eine gewisse Ernüchterung. Anders bei der Schwestertechnologie »Network Function Virtualization«. Telekommunikationsfirmen und Service-Provider setzten verstärkt auf NFV und virtualisierte Netzwerkfunktionen. Diese Entwicklung hat bereits 2014 begonnen und wird sich 2015 fortsetzen, und zwar unabhängig davon, in welchem Maßstab SDN in der Praxis eingesetzt wird. NFV ermöglicht es Service-Providern, deutlich schneller und einfacher als bislang neue IT-Dienste aufzusetzen. Das gilt vor allem für Cloud-Computing-Services.

Kreatives Chaos – Die Anbieterlandschrift wird durcheinander gewirbelt: Die Grenzen zwischen dem Internet, Clouds und Firmennetzen verschwimmen immer mehr. Damit wachsen Router-Systeme in Außenstellen (Branch Router), Content-Delivery-Networks (CDN), gemanagte Netzwerke und Cloud-Services immer stärker zusammen. Und das hat wiederum zur Folge, dass neuartige Lösungen – und neue Anbieter – auf den Plan treten. Sie kombinieren Hardware, Software und Services zu neuen Produkten, die bislang in dieser Form nicht auf dem Markt zu finden waren. Somit werden sich nicht nur die Technologien ändern, die 2015 zum Einsatz kommen, sondern sich auch Änderungen bei den Anbietern von IT-Lösungen ergeben.

Over-the-Top-WANs erobern das Firmennetzwerk: Bei privaten Nutzern gewinnt »Over-the-Top Content« immer mehr an Bedeutung. TV-Serien, Filme und Videos werden dabei direkt über das Internet bezogen, ohne dass sich der User bei einem Service Provider oder IPTV-Anbieter registrieren muss. Mit der Software-defined-WAN-Technologie können Unternehmen nun ein vergleichbare »Over-the-Top-WAN«-Infrastruktur aufbauen. Das ebnet den Weg zu einer neuen Form von Corporate-Networks und der Vernetzung von Standorten.

Damit Unternehmen nicht im Regen stehen – Wettervorhersage für das Internet: Alle Unternehmen und Organisationen sind auf gut funktionierende Internet-Verbindungen angewiesen. Daher benötigen sie detaillierte Kenntnisse über das »Internet-Wetter«, also wo es stürmisch zugeht, sprich Internet-Verbindungen durch hohes Datenaufkommen überlastet sind, und wo ruhigeres Fahrwasser vorhanden ist, sprich weniger überfrachtete Internet- und WAN-Strecken. Daher werden 2015 Lösungen an Bedeutung gewinnen, die Daten von Service-Providern und Unternehmensnetzwerken auswerten und daraus eine »Internet-Wetterkarte« erstellen. Sie ermöglicht es, den Internet-Traffic eines Unternehmens über weniger belastete Strecken zu führen. Solche Lösungen sind somit gewissermaßen ein »Navigationssystem« für das Enterprise-Internet, so wie Navigations-Apps wie etwa »Waze« in der »richtigen« Welt.

.

About the Author: Engelbert Hörmannsdorfer