Neue Ausgabe des Magic Quadrant für Digital Experience Platforms

Im »Magic Quadrant für Digital Experience Platforms 2020« hat Gartner 14 Anbieter berücksichtigt (Bild: Gartner)

Im »Magic Quadrant für Digital Experience Platforms 2020« hat Gartner 14 Anbieter berücksichtigt (Bild: Gartner)

Gartner hat die neueste Auflage seines »Magic Quadrant für Digital Experience Platforms« vorgelegt. Die Anzahl der darin berücksichtigten Anbieter ist im Vergleich zum Vorjahresbericht  erneut zurückgegangen: Statt 17 sind nun noch 14 Anbieter bewertet worden. Herausgefallen sind IBM, Microsoft und SDL. 2018 waren es noch 21 Unternehmen. Der Markt konsolidiert sich also zunehmend, dennoch stuft ihn Gartner nach wie vor als fragmentiert und immer noch in einer Entwicklungsphase befindlich ein.

Unter einer Digital Experience Platform (DXP) versteht Gartner zusammengehörige Technologie, die Erstellung, Management, Auslieferung und die Optimierung von kontextbezogenen digitalen Erlebnissen im Laufe eines mehrstufigen Kontaktverlaufs (einer »Customer Journey«) unterstützen. Die Adressaten können ganz unterschiedliche Gruppen sein – etwa Kunden, Partner, Mitarbeiter, Bürger oder Studenten – und Nutzen lassen sich DXPs laut Gartner sowohl in B2C- als auch B2B- und B2E-Szenarien (Business to Employee).

Damit hat das Segment zahlreiche Berührungspunkte und Überschneidungen mit dem Markt für Web Content Management Systeme. Daher werden zahlreiche DXP-Anbieter auch im aktuellen Gartner Magic Quadrant für Web Content Management besprochen.

 »Leader« beim Digital Experience Management

Als »Leader« stuft Gartner im Bereich DXP Adobe, Sitecore, Acquia, Liferay und Episerver ein. »Challenger« sind die vier breiter aufgestellten Software-Riesen Salesforce, Oracle, Open Text und SAP. Bloomreach ist als »Visionär« eingestuft  worden, Crownpeak, Squiz (aus Australien), Coremedia und Kentico Software (aus der Tschechischen Republik) sieht Gartner als Nischenanbieter.

Adobe und Sitecore – umfangreich, aber teuer und komplex

Adobe ist im Bereich DXP mit der Adobe Experience Cloud vertreten und wird von Kunden vor allem im B2C-Bereich genutzt. Dau zählen vor allem Unternehmen, die sich schon länger mit dem Bereich Digital Experience Management beschäftigen. Die gute Bewertung durch Gartner hat Adobe auch seiner großen Basis an Partnern und Systemintegratoren sowie der breiten Auswahl an Implementierungsmöglichkeiten sowie den vielen strategischen Partnern zu verdanken.

Allerdings weist Gartnerauf die vergleichsweise hohen Preise vor allem bei dauerhafter Nutzung hin und merkt an, dass die B2B-Fähigkeiten, die Adobe durch die 4,75 Milliarden Dollar teure Übernahme von Marketo 2018 erworben hat, immer noch ausbaufähig sind. Insgesamt sei das Adobe-Angebot zudem recht komplex, was für die Nutzung unter Umständen zusätzliche Personalressourcen erforderlich mache.

Auch die Experience Platform von Sitecore eignet sich vorrangig für B2C-Szenarien und spricht vor allem Firmen an, die ausgefeilte Marketingstrategien verfolgen und eine ausgereifte Strategie für die Kundenansprache haben. Technisch ist die Plattform Gartner zufolge ausgereift und wird derzeit marktgerecht um Fähigkeiten im Bereich AI und Machine Learning ergänzt. Allerdings finden Kunden die Preisgestaltung laut Gartner häufig komplex und wenig transparent, hinkt Sitecore mit seiner Cloud-Strategie dem Markt hinterher und führen die zahlreichen Anpassungs- und Erweiterungsmöglichkeiten bei längerer Nutzung oft dazu, dass die Plattform schwer verwaltbar wird.

Acquia und Liferay mit starker Open Source-Community

Bei Acquia lobt Gartner die breite und lebendige Open-Source-Gemeinschaft, die zum Erfolg von Drupal beitrage, das wiederum eine der Grundlagen der Acquia DPX ist. Aufgrund der Übernahme durch Vista Equity Partners im September 2019 ist derzeit jedoch unklar, wie es bei Acquia weitergeht.

Liferay wird von Kunden für eine breite Palette an Anwendungen in den Bereichen B2C, B2E und B2B genutzt. Gartner lobt bei dem Anbieter das gute Verständnis für den Kundenbedarf, das sich zum Beispiel in der Produktstrategie zeige. Auch Liferay kann von einer lebendigen und aktiven Open-Source-Community profitieren. Die vielfältigen und guten Möglichkeiten zur Erweiterung und Anwendungsintegration sprechen laut Gartner vor allem IT-Entscheider an. Bei Business-Entscheidern könne sich Liferay dagegen schwerer durchsetzen. Außerdem empfiehlt Gartner potenziellen Interessenten, sich vor einer Entscheidung intensiv mit der Cloud-Migrations-Strategie und der Preisstruktur auseinanderzusetzen. Hier lauern offenbar Stolperfallen.

Episerver – hoher Nutzen, geringe Bekanntheit

Episerver ist in der Cloud als PaaS und im SaaS-Modell erhältlich. Das Angebot hat seine Stärken in B2C-Szenarien und hat es 2020 zum ersten Mal in den Leader-Quadranten geschafft. Das Unternehmen selbst führt das auch auf die Übernahme des Content-Personalisierungs- und Content-Analyse-Unternehmens Idio und die Übernahme des B2B-Commerce-Unternehmens Insite im vergangenen Jahr zurück.

Gartner hebt ausdrücklich die transparente Preisgestaltung und die für den direkten Business-Nutzen nachvollziehbare Einteilung des Angebots in unterschiedliche Leistungspakete hervor. Davon fühlen sich vor allem große und schnell wachsende mittelständische Firmen angesprochen. Stärken hat Episerver bei vor allem auf das Web ausgerichteten Aktivitäten. Soll eine breite Palette anderer Kontaktpunkte und Kanäle berücksichtigt werden, offenbaren sich jedoch (noch) Schwächen.

Coremedia – deutscher Spezialist

Beim traditionell auf B2C-Anwendungen ausgerichteten Hamburger Anbieter Coremedia konstatiert Gartner, dass er allmählich auch immer öfter für B2B-Szenarien zum Zuge kommt. Positiv sehen die Marktforscher nach wie vor den Integration Hub, der über vorgefertigte Konnektoren einfache Anbindung gängiger Drittsysteme erlaube, sowie die zunehmenden Möglichkeiten, Multi-Experience-Strategien zu unterstützen. Auch die wachsende Kundenbasis findet den Beifall der Analysten.

Gartner sieht allerdings den engen Fokus auf wenige vertikale Zielgruppen und die nach wie vor kaum ausgeprägte internationale Präsenz des in Deutschland gegründeten Anbieters als Schwächen. Für Anwender mit Ausrichtung auf den deutschsprachigen Markt muss das aber kein Nachteil sein. Im Auge haben sollten Interessenten die engen Partnerschaften von Coremedia mit HCL, Salesforce und SAP.

Die von Gartner bemängelte, fehlende internationale Präsenz könnte das Unternehmen zudem bald beheben. Durch die Mehrheitsbeteiligung des amerikanischen Investors OpenGate Capital im November stehen nun möglicherweise die erforderlichen Mittel zur Verfügung.

Detailliertere Ausgaben des Gartner-Berichts zum DXP-Markt bieten nach einer Registrierung kostenfrei unter anderem Episerver und Liferay zum Download an.

About the Author: Peter Marwan