»Es geht nicht um die große, bunte Show«

Oliver Frese, Vorstandsmitglied Deutsche Messe (Bild: Deutsche Messe)
Oliver Frese, Vorstandsmitglied Deutsche Messe (Bild: Deutsche Messe)

Bei der CeBIT geht es nicht um die große, bunte Show, sondern ums Geschäft, meint immerhin Oliver Frese, Vorstandsmitglied der Deutschen Messe im Interview mit ECMguide.de. Prominente Player wie Kyocera und Konica Minolta konnten so zumindest überzeugt werden, wieder an der Messe teilzunehmen. Jedoch will Frese künftig noch weitere ECM-Unternehmen auf die CeBIT locken, denn einige große Namen fehlen noch.

Hatte die Neuausrichtung der CeBIT im vergangenen Jahr Auswirkungen auf die Nachfrage bei Ausstellern aus dem ECM- und DMS-Bereich?

Frese: Die klare Positionierung der CeBIT auf 100 Prozent Business hat sich sehr positiv auf die gesamte Messe ausgewirkt. In diesem Zuge spüren wir auch im ECM-Bereich die positiven Auswirkungen der Neuausrichtung. Bereits im vergangenen Jahr konnten wir den Weltkonzern Kyocera nach langjähriger CeBIT-Pause wieder zurückgewinnen und in diesem Jahr haben wir nach neun Jahren erstmals auch wieder Konica Minolta dabei. Das sind große Erfolge für die CeBIT und zeigen uns, dass wir mit der Fokussierung auf das Business genau richtig liegen.

Sowohl Kyocera als auch Konica Minolta stellen in Halle 3 aus, deren Angebotsschwerpunkt `ECM, Input/Output Solutions´ lautet. Worauf führen Sie den verstärkten Zulauf gerade hier zurück?

Frese: Die Fokussierung auf das B2B-Geschäft ist sicher genau der richtige Schritt gewesen. Zudem sind wir noch näher am Markt dran und richten das Angebotsspektrum gemeinsam mit unseren Ausstellern aus. Es freut mich, dass das unsere Kunden auch anerkennen.

Trotzdem gibt es wie mit Lexmark, SER und Opentext marktführende Unternehmen im ECM- und DMS-Bereich, die der CeBIT fern bleiben. Woran liegt dies Ihrer Meinung nach und was unternehmen Sie, um die Hersteller als Aussteller anzulocken?

Frese: Selbstverständlich ist es unser Ziel, in den kommenden Jahren das Angebotsportfolio weiter zu komplettieren. Deshalb laden wir unsere potenziellen Aussteller auch ganz herzlich zu einem Besuch der CeBIT 2015 ein, um sich ein genaueres Bild von der Veranstaltung, so wie wir sie heute ausgerichtet haben, zu machen. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit unserem Leistungsversprechen überzeugen können und wir im kommenden Jahr das eine oder andere Unternehmen als neuen Aussteller oder als Rückkehrer auf der CeBIT begrüßen können.

Welche Leistungen können Sie als Messeveranstalter Ausstellern bieten, die aus der ECM- und DMS-Branche kommen?

Frese: Die CeBIT bietet Ausstellern ein einzigartiges Umfeld! Über 200.000 Fachbesucher aus über 100 Ländern kommen im März nach Hannover. Davon kommt jeder Dritte aus dem Topmanagement und die Besucher bringen pro Kopf eine Investitionssumme von über 130.000 Euro mit auf das Messegelände. Damit ist die konkrete Investitionsbereitschaft auf der CeBIT extrem hoch. Und nur die CeBIT zeigt dem Besucher die gesamte digitale Wertschöpfungskette an einem Ort, nicht nur einen isolierten Ausschnitt. Hinzu kommt, dass wir in diesem Jahr eine Mittelstandsoffensive gestartet haben, mit einer eigenen Lounge, kompetenter Beratung und Demopunkten.

Wie profitieren Besucher, die sich gerade für ECM- und DMS-Themen interessieren, von dem Messekonzept?

Frese: Die Ausrichtung auf 100 Prozent Business hat sehr positive Auswirkung auf Aussteller und Besucher gleichermaßen. Beide Seiten wissen jetzt genau, was sie vom anderen erwarten können. Es geht nicht um die große, bunte Show, sondern ums Geschäft. Außerdem bietet die CeBIT Besuchern einen klaren Vorteil gegenüber kleineren Fachmessen, die sich nur auf ein Thema fokussieren. Die CeBIT bildet nicht nur ECM- und DMS-Systeme ab, sondern auch die angrenzenden Bereiche und Lösungen, die Schnittstellen zum ECM haben, von Input und Output Solutions bis zu ERP und CRM Anwendungen und sogar Sicherheitslösungen. Besucher können sich so an einem einzigen Tag informieren, welche Anwendungen zu bestehenden Systemen passen und welche Anbieter reibungslose Schnittstellen garantieren können. Und gleichzeitig können die Besucher sich in den Foren Rat von Experten holen, beispielsweise im ECM-Forum in Halle 3.

Was sind aus Ihrer Sicht die CeBIT-Highlights im ECM- und DMS-Umfeld?

Frese: Wir haben im Bereich ECM und DMS in diesem Jahr sechs Trendthemen, die klar im Fokus stehen. Konkret geht es um digitale Rechnungsverarbeitung und Anwendungsbeispiele zur Digitalen Akte. Darüber hinaus um den Einsatz von Collaboration Tools, Multi-Channel-Input-Management und Compliance. Ein besonderes Highlight sind mobile Lösungen. Ganz neu wird auf der CeBIT gezeigt, wie Dokumente mobil gescannt werden können. Diese sechs Themen finden Besucher sowohl bei den Ausstellern als auch in Vorträgen im Forum und bei den Guided Tours wieder.

Topthema der CeBIT ist in diesem Jahr d!conomy, worunter die Digitalisierung sowohl in allen Wirtschaftszwiegen als auch in der Gesellschaft zu verstehen ist. Wie sehr ist das Thema aus Ihrer Sicht mit ECM- und DMS verbunden?

Frese: Das Topthema d!conomy beschreibt den rasanten Einzug der Digitalisierung in alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft. Und ECM- und DMS-Lösungen tragen essentiell dazu bei, die Wirtschaft und Standard-Abläufe in Unternehmen zu digitalisieren. Von der digitalen Rechnung und digitalen Akte über mobile Lösungen bis zu Multi-Channel-Input-Systemen – ECM digitalisiert economy!

Ein Kritikpunkt im vergangenen Jahr – gerade im ECM- und DMS-Bereich – war, dass sich kleine Firmen den Aufwand für einen CeBIT-Auftritt häufig nicht leisten können. Gibt es Ihrerseits Maßnahmen, um hier Abhilfe zu schaffen?

Frese: Junge Unternehmen sind sehr wichtig für die CeBIT, deshalb können sie auch in diesem Jahr wieder finanzielle Unterstützung durch das BMWi beantragen. Dafür muss zum Beispiel das Kriterium eines kleinen Unternehmens nach EU-Definition erfüllt werden und das Unternehmen darf nicht älter als zehn Jahre sein. Dann gibt es bis zu 70 Prozent Förderungen für Unternehmen und die Teilnahme an der CeBIT kostet rund 1000 Euro. Für uns ist doch klar, dass sich für die Unternehmen ein Auftritt rechnen muss. Wir sehen, dass viele Unternehmen sehr viel intensiver ihren Auftritt auf der CeBIT vorbereiten. So fahren sie vor der CeBIT spezielle Kampagnen und sprechen ganz gezielt neue Kunden an. Wenn man eine Messe – gerne auch mit unserer Unterstützung – professionell vorbereitet, ist ein Auftritt nach wie vor die effektivste Marketing-Maßnahme.

Worauf sind Sie persönlich in diesem Jahr bei der CeBIT besonders gespannt?

Frese: Zunächst einmal freue ich mich auf 16 Messehallen, die vollgepackt sein werden mit vielen tausend digitalen Innovationen und das »Internet der Dinge« erlebbar machen werden. Aus diesem Grund wird die CeBIT in diesem Jahr so spannend sein wie seit Jahren nicht mehr. Drei Bereiche sollte aber niemand verpassen. 1. Startups in SCALE11 in der Halle 11 und Code_n in Halle 16: Hier zeigen hunderte junger Unternehmen neue, disruptive Geschäftsmodelle, von denen sicher das eine oder andere in der Lage sein wird, ganze Branchen auf den Kopf zu stellen. Das wird sicher eine sehr geschäftige und kreative Atmosphäre 2. China als Partnerland wird zeigen, dass es inzwischen eine Weltmacht in der IT-Branche geworden ist. Top-Unternehmen wie Alibaba, Huawei, ZTE oder Xiaomi sind Lösungsanbieter mit einem breiten Portfolio auch für den Mittelstand 3. Die Sprecher bei den CeBIT Global Conferences lesen sich in diesem Jahr wie das Who-is-Who der internationalen IT-Welt: Xiaomi-Gründer Jun Lei, der Investigativ-Journalist und seit kurzem Oscar-Gewinner Glenn Greenwald, der US-Ökonom Jeremy Rifkin und zahlreiche weitere Topsprecher werden zeigen, wo die Reise der Digitalisierung hingehen wird. Die CeBIT Global Conferences werden unseren Besuchern inspirierende Impulse liefern.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.