»Kapow Software automatisiert manuelle Prozesse«

Seit fast einem Jahr ist Kapow Software ein Bestandteil von Kofax. Die Experten für Datenintegration von Kapow Software stammen ursprünglich aus Kopenhagen. Heute ergänzen sie Kofax‘ Capture-Systeme mit sogenannten »Integrationsworkflows« – das sind virtuelle Roboter, die beispielsweise Informationen und Daten aus gescannten Dokumenten automatisiert plausibilisieren und anreichern können. ECMguide.de traf Darius Heisig, Vice President of Sales EMEA bei Kapow, zum Gespräch.

Kofax scannt und liest Dokumente und extrahiert die Daten. Kapow hat einen anderen Ansatz – Ihre Software kann beispielsweise unterschiedliche Systeme und Datenquellen vom Web bis hin zu Unternehmensarchiven und Datenbanken durchsuchen, und die Daten dort extrahieren. Wie funktioniert das?

Darius Heisig, Vice President of Sales EMEA, Kapow Software
Darius Heisig, Vice President of Sales EMEA, Kapow Software

Heisig: Kapow Software automatisiert manuelle Prozesse, das heißt sämtliche Arbeitsschritte, die ein Nutzer immer wiederkehrend in einem oder mehreren Systemen vollzieht, können mit Kapow automatisiert werden Das ist unser Kerngedanke. Und dazu haben wir einen eigenen Browser entwickelt, der die Weboberflächen der Anwendungen als Schnittstelle nutzt. Das Problem vieler Anwender ist ja, dass ihre Systeme auf unterschiedlichen Technologien beruhen – denken Sie an IBM, Oracle, Microsoft, jeder Hersteller nutzt eine andere Programmiersprache. Um eine Integration zu diesen Systemen zu schaffen, brauchen die IT-Abteilungen Schnittstellen. Und diese APIs müssen sie dann programmieren, anpassen, updaten, warten usw.

Und was ist hierbei Ihr Lösungsansatz?

Heisig: Unser Lösungsvorschlag ist eine »universelle Schnittstelle«, die das Programmieren von Schnittstellen überflüssig macht. Unser Browser soll die Daten nicht anzeigen, sondern er ist das Werkzeug, um Daten automatisiert zu extrahieren, zu transformieren, sie anzureichern und mit anderen Informationen innerhalb eines Workflows zu integrieren. Die Mitarbeiter in den Fachabteilungen können sofort mit den Daten arbeiten. Sie recherchieren Daten, sie speichern sie in andere Datenbanken, sie fügen Artikel oder Bilder in ein neues Content-Management-System ein, sie migrieren Dokumente aus einem System in ein anderes. Das ist der Kern von Kapow.

Das klingt nach einer Vereinfachung der Workflows….

Heisig: Das stimmt. Die Verantwortlichen selektieren mit einem »Point und Click«-Verfahren alle relevanten Daten und definieren automatisierte Workflows. Alle diese Prozesse – Datenbankabfragen, Informationsrecherche, Content-Migration – haben die Mitarbeiter bisher zum größten Teil händisch gemacht. Ab jetzt können diese Abläufe automatisiert »On Schedule« oder »On Demand« erfolgen.

Was ist das „Point und Click?“-Verfahren?

Heisig: »Point und Click« ist ein Standard-Bedienkonzept. Auf der grafischen Bedienoberfläche wird mit der Maus auf die relevanten Bereiche und Daten im jeweiligen System gedeutet, und durch einen anschließenden Klick eine vordefinierte Aktion ausgelöst. Und so einfach werden die automatisierten Workflows des Systems dann mit einigen Klicks definiert. Wir nennen sie »Integrations-Workflows«. Metaphorisch sprechen wir von »Robotern«, die die Aufgaben erledigen.

Haben Sie ein Beispiel dafür?

Heisig: Nehmen wir einen Mitarbeiter, der Daten eines bestimmten Kunden oder eines bestimmten Vorgangs benötigt. Diese Informationen liegen in verschiedenen Anwendungen – es sind interne und externe Systeme. Die IT-Abteilung baut mit Kapow einen Roboter. Der läuft los, loggt sich in die vorgegebenen Systeme, gibt den Suchbegriff ein und spielt dem Mitarbeiter die Ergebnisse zu diesem Suchbegriff über alle Systeme hinweg zurück. Natürlich kann der Roboter diese Ergebnisse auch in ein anderes System übertragen. Wir sprechen von einem »nicht invasiven Verfahren«. Die User sparen sich Genehmigungsprozesse, die mit herkömmlichen Integrationen und Schnittstellen einhergehen.

Wo verlaufen die Grenzen zwischen Kapow und Kofax? Sind die beiden Systeme fest verdrahtet, oder kann man sagen: »Hier hört Kofax auf, hier fängt Kapow an?«

Heisig: Kapow ist ein eigenständiges Produkt und wird als eigenständiges Produkt fortgeführt. Die Grenzen zwischen Kapow und Kofax sind recht deutlich: Denn wir kommen nicht aus dem Dokumenten-Management, und die meisten unserer Kunden nutzen unsere Software nicht für Dokumenten-Management-Anwendungen. Unsere traditionellen Themen sind Market-Intelligence, Ecosystem-Automation, Content-Migration und Integration verschiedener Systeme.

Warum dann die Übernahme?

Heisig: Kapow komplettiert das Kofax-Angebot. Kapow kann Dokumenten-Management-Kunden die Möglichkeit geben, in kürzester Zeit Value-Added-Services zu generieren – beispielsweise im Rahmen der »First Mile«. Beispielsweise können Anwender Kapow nutzen, um die mit Kofax verarbeiteten Dokumente automatisiert zu verifizieren, sie zu priorisieren, zu klassifizieren und zu taggen, und dadurch auffindbar zu machen.

Ist die Kapow-Technologie unabhängig von Kofax bereits in den Dokumenten-Management-Systemen anderer Hersteller eingebaut?

Heisig: Aus der Vergangenheit haben wir tatsächlich mehrere Kunden, die Kapow für ihr Dokumenten-Management einsetzen. Und es gibt auch Hersteller, die ihren Kunden Kapow zur Unterstützung von Dokumentenprozessen empfehlen. Meistens haben wir Partnerschaften vereinbart – etwa mit Sitecore oder auch mit Oracle im Bereich der Web-Content-Management-Systeme. Kapow ist dort allerdings nicht als Produkt gelistet, sondern vielmehr als Empfehlung des Partners für eine reibungslose Content-Migration.

Haben Sie auch ein Beispiel für eine Integration in einem Dokumentenarchiv?

Heisig: Ja, Merck in den USA zum Beispiel hat eine Manufacturing-Division, und deren Dokumentationen liegen in den unterschiedlichsten Datensilos und Archiven. Es konnte gut sein, dass eine Abteilung Experimente durchführt, die eine andere Abteilung schon längst gemacht und dokumentiert hatte. Es war somit Zeit, ein entsprechendes Knowledge-Management-Konzept und damit einhergehend eine »One Stop Technical Knowledge Platform« einzuführen. Die Verantwortlichen haben das mit Hilfe von Kapow in Angriff genommen. Mit Kapow-Werkzeugen und einem Anbieter für Semantik-Software haben sie mehrere Millionen Dokumente bearbeitet – priorisiert, analysiert, klassifiziert und getagged. Unsere Roboter haben dabei die Rolle eines »automatisierten Archivars« – sie schauen in die Dokumente, erkennen die Schlüsselwörter und taggen die Unterlagen mit den festgelegten Begriffen. Es ist eine automatisierte Inventarisierung von mehreren Bibliotheken und Archiven.

Mit welchen Unternehmen oder Herstellern konkurriert Kapow?

Heisig: Der größte Konkurrent ist immer das »Ich mache es Selbst«-Prinzip und die »Ich mache es, wie ich es gelernt habe«-Einstellung. Konkret heißt das, dass viele unserer Kunden jahrelang Schnittstellen programmiert und gewartet haben, bis sie diese Arbeit an Kapow abgeben. Auch die Migration ihrer Content-Management-Systeme haben viele Kunden zunächst manuell durchgeführt. Sie beschäftigten hierfür eine kleine Armee an Aushilfen und Studenten. Unser Vorschlag war dann: »Automatisiert diese Arbeit mit unserem Browser für synthetische APIs.« Wir bieten die Möglichkeit, von jedem System in jedes System zu migrieren. Und daher sind wir sehr breit aufgestellt. Mit diesem Funktionsumfang ist Kapow aus meiner Sicht einzigartig.

Läuft die Software bei Ihren Kunden On-Premise oder in der Cloud?

Heisig: Hauptsächlich On-Premise. Die Kunden kaufen oder mieten sich eine Lizenz. Denn sie verarbeiten zumeist auch sensitive Daten, die sie im Unternehmen belassen wollen. Deshalb soll Kapow innerhalb der Firewall laufen und so Security-Probleme ausschließen. Die Kunden erhalten dann eine Art Bausatz. Die Robots bringen die wichtigsten Funktionen mit – sie können sich durch die Netzwerke bewegen. Sie haben die Fähigkeit, Daten zu akquirieren und in Zielsysteme zu schreiben. Beim Training fangen die Anwender bei null an – und dann sagen sie dem Roboter »Gehe immer auf diese Seite« und »Lade die Seite«. Sie sagen ihm »Log in«, und dann wird die Seite geladen. Dann sagen sie ihm »Gebe den Suchbegriff ein« und klicke auf »Submit«. Der Roboter nimmt alle Daten und transformiert sie in ein einheitliches Format und stellt die Ergebnisse in die vorgegebenen Applikationen. Schritt für Schritt programmieren die Anwender die Workflows und machen die Anwendung auf diese Weise eigenständig und schlau.

Ist das Programmieren der Roboter ein Business-Modell für Ihre Vertriebspartner?

Heisig: Ja natürlich. Allerdings sagen viele unserer Kunden, sie haben ein so interessantes Produkt gekauft, sie wollen das selber machen. Die Anwender erhalten ihr Kapow-Know-how innerhalb von drei bis fünf Tagen in unserem Training. Ab dann entwickeln sie ihre Roboter selbst. Für die Partner liegt der Mehrwert eher darin, dass sie sehr große Projekte verkaufen können. Mit Kapow kommen sie in viele Geschäftsbereiche, denn die Anwender merken sehr schnell, wie einfach und effizient sie unterschiedlichste Systeme integrieren. Unsere Partner entwickeln Applikationen, wir nehmen ihnen die gesamte Schnittstellenthematik ab.

Die obligatorische Frage nach dem ROI – gibt es Partner oder Kunden, die eine ROI-Berechnung gemacht haben?

Heisig: Die ROI-Berechnung ist ja sehr individuell. Generell gilt: Schon die Automatisierung eines anscheinend sehr kleinen Prozesses – wie die automatische Validierung und eventuelle Korrektur der Mehrwertsteuer auf allen Eingangsrechnungen – kann hohe Einsparungen erzielen. Im Bereich Content-Migration zeigt sich die große Leistungsfähigkeit: Anwender berichten, dass sie mit Hilfe der Automatisierung 80 Prozent der Kosten einsparen, die sie für die manuelle Migration projektiert hatten. Denn die Daten systematisch aus einem CMS auszulesen, zu inventarisieren, von verschiedenen Verantwortlichen inhaltlich zu prüfen und dann in ein anderes zu übertragen, wird bei Größenordnungen von mehreren hundert wenn nicht tausend Seiten zu einer echten Herausforderung. Aber nicht mehr mit Kapow, denn hier können die Anwender die Migrationsschritte automatisieren und so die Migration hundert Prozent akkurat und dabei sehr schnell und kostengünstig realisieren.

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About the Author: Engelbert Hörmannsdorfer