Cloudbasiertes ECM zur Digitalisierung immer gefragter

Zur Digitalisierung von Geschäftsprozessen sind verstärkt Cloud-ECM-Lösungen gefragt (Bild: DocuWare; Bigstock/VectorHot)

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Zur Digitalisierung von Geschäftsprozessen sind verstärkt Cloud-ECM-Lösungen gefragt (Bild: DocuWare; Bigstock/VectorHot)

Befragt man Anbieter von Enterprise-Content-Management- (ECM-) Systemen wie die Nutzung von Cloud-Angeboten aussieht, lautet die Antwort: Tendenz in jedem Fall steigend. Die Corona-Krise, die ortsunabhängiges Arbeiten deutlich angeschoben hat, gibt einen zusätzlichen Schub. Bis vor zwei Jahren war beispielsweise beim deutschen ECM-Unternehmen AMAGNO die Nachfrage nach On-Premises- und Cloud-Lösungen laut Amagno-Chef Jens Büscher immer recht ausgewogen. »Doch seit knapp zwei Jahren wird der Turn Around in Richtung Software as a Service (SaaS) auch bei unseren Absätzen sehr stark deutlich. Rund 60 Prozent unserer Kunden entscheiden sich für die Cloud und 40 Prozent wählen die On-Premises-Variante. Letztere wird aber auch gern als Private Cloud verwendet, sodass unsere reinen On-Premises-Lösungen nur noch knapp 20 Prozent ausmachen.«

So ermöglicht die »AMAGNO Business Cloud« der Spree-Ambulance, die rund 80 Mitarbeitende beschäftigt, seit 2017 dezentral zu arbeiten. Zunächst wurden mit dem digitalen Dokumentenmanagement sämtliche Papiervorgänge und die Bearbeitung von Rechnungen, Leistungsabrechnungen und Reklamationen an vier geografisch unterschiedlichen Orten digital erfasst. Von Beginn an überzeugten den Spezialist für Krankentransporte die digitalen Workflows und die Datensicherheit in der Cloud.

Auch bei DocuWare haben sich 60 Prozent der Neukunden 2019 für die Bereitstellung in der Cloud entschieden. Die Zahl der Cloud-Kunden lag Ende vergangenen Jahres bei rund 3.000, was ein Plus von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum ausmacht. Vom Gesamtumsatz von 54,8 Millionen Euro machte der Cloud-Umsatz 13,4 Millionen Euro aus und fiel im Vergleich zum Vorjahr sogar 71 Prozent höher aus.

Nicht ganz so hohe aber auch sehr deutliche Zuwächse nach Cloud-Lösungen vermeldet Manfred Terzer, Geschäftsführer von Kendox: »Das Kendox Produktporfolio steht als »Shared Cloud Service« und als »Dedicated Cloud Service«, sowie auch in Mischformen zur Verfügung. Knapp 20 Prozent der Neukundenabschlüsse sind inzwischen »Cloud«-Verkaufsabschlüsse; Tendenz steigend.«

Neue Player stoßen in den ECM-Bereich

Michael Mors, Geschäftsführer von Box – ein Unternehmen, das zu den neuen Playern zählt (Bild: Box)

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Michael Mors, Geschäftsführer von Box – ein Unternehmen, das zu den neuen Playern zählt (Bild: Box)

Neben etablierten ECM-Anbietern, die in den letzten Jahren unterschiedlich stark das Thema Cloud angingen, streben auch neuartige Player wie Google, Dropbox und Box in den cloudbasierten ECM-Bereich. Einige kommen aus dem Umfeld von »Enterprise File Sync & Share« und bieten zunehmend Cloud Content Management. Marktforschungsinstitute wie Gartner, Forrester und IDC, die dieses Umfeld betrachten, sehen Box beispielsweise auch vor OpenText und Hyland unter den führenden internationalen Anbietern. Seit 2017 ist Box in der DACH-Region mit einem lokalen Team aktiv und betreut mittlerweile über 3.000 Enterprise-Kunden zu denen Großkonzerne wie die Zürich Versicherungsgesellschaft aber auch kleinere Unternehmen wie Architekten- und Ingenieurbüros zählen. »Wir verstehen uns als Enabler, der Unternehmen dabei unterstützt, ihren kompletten Content in die Cloud zu bringen«, erläutert Michael Mors, Geschäftsführer von Box in Deutschland. »Dabei decken wir den gesamten Prozess inklusive Archivierungsregeln, Governance, Compliance, Security, Verschlüsselung bis hin zu Search-Funktionalitäten ab. Im vergangenen Jahr kam darüber hinaus noch eine Workflow-Komponente hinzu, die es erlaubt, jedes Dokument in Workflows zu integrieren.«

Die meisten ECM-Cloud-Anbieter offerieren eine Infrastruktur, die sie nicht in einem eigenen Rechenzentrum betreiben, sondern hierfür die eines großen Cloud-Partners nutzen. Bei Box können die Kunden den gewünschten Cloud-Anbieter wählen, von denen beispielsweise AWS, Google und IBM auch Datencenter in Deutschland betreiben. Bei Box entscheiden sich laut Mors die meisten gegenwärtig für AWS, die ihr Datencenter hierzulande in Frankfurt angesiedelt haben.

Für das Hosting sind bekannte Public Clouds gefragt

Docuware arbeitet mit »Microsoft Azure«, wohin Amagno dieses Jahr vom eigenen Rechenzentrum ebenfalls umgezogen ist. Diesen Schritt hat Amagno unternommen, um nach Angaben von Amagno-Geschäftsführer Büscher national und international die notwendige Skalierung und die erweiterte Sicherheit in der Cloud zu gewährleisten. »Die Daten werden dort sicher, mehrfach verschlüsselt und georedundant in den neuen deutschen Microsoft-Rechenzentren in Frankfurt und Berlin gespeichert.« Dazu komme dann die Amagno-eigene Verschlüsselung gegen unberechtigte Zugriffe Dritter im Rahmen einer Zero-Trust-Strategie. »Mit dem Umzug bieten wir unseren mittlerweile über 25.000 Anwendern eine zukunftsfähige, hochsichere und leistungsfähige Plattform zur Speicherung von jeglicher Art von Dokumenten. Wir beginnen jetzt mit der Umsetzung der ersten automatisch skalierenden Services auf Basis von Cloud-Native-Technologien auf dieser Plattform, die uns die Performancebasis der nächsten Dekade liefern werden«, so Büscher.

Nutzen Anbieter eine große öffentliche Cloud, profitieren Anwender auch von standardisierten Schnittstellen, die zumindest Anbieter-Wechsel vereinfachen sollten. Über die Schnittstellen lassen sich auch weitere Anwendungen wie ERP- und CRM-Systeme anbinden, die ebenfalls Cloud-basiert arbeiten. Befinden sich die genutzten Anwendungen allerdings in einer anderen Cloud ist die Anbindung nicht immer so einfach.

Jens Büscher, Geschäftsführer von Amagno, bestätigt großen Cloud-Anbietern hohes Leistungsvermögen (Bild: Amagno)

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Jens Büscher, Geschäftsführer von Amagno, bestätigt großen Cloud-Anbietern hohes Leistungsvermögen (Bild: Amagno)

Jedoch trägt die vermehrte Nutzung von großen Public-Cloud-Anbietern auch das Risiko, dass diese sich zu Quasi-Monopolisten entwickeln wie in der Vergangenheit in anderen IT-Bereichen bereits IBM, Microsoft und Google. Allerdings haben »die großen Cloud-Plattform-Anbieter wie Microsoft, Google oder Amazon beim entscheidenden Thema Sicherheit nunmal die Nase vorn – angefangen von den Redundanzen bis hin zu den Zertifikaten und Sicherheitsmaßnahmen«, wie Büscher anmerkt. »Mit dem Investitionsumfang, mit dem die großen Cloud-Plattform-Anbieter aufwarten, kann kaum ein lokaler Cloud-Plattform-Anbieter für die Sicherstellung der Sicherheit, des Datenschutzes und des Risikomanagements mithalten«, so Büscher weiter.

Entwicklungstrends im Cloud-ECM-Bereich

In der zukünftigen Entwicklung werden cloudbasierte ECM-Anbieter weiter darum bemüht sein, ihre Lösungen mit mehr individualisierbaren Funktionen zu versehen, sie in der Bedienbarkeit aber ortsunabhängig zu gestalten und zu vereinfachen. Gefragt sei Büscher zufolge die sofortige und unabhängige Inbetriebnahme einer ECM-Lösung mit fertigen, abteilungs- und unternehmensübergreifenden Geschäftsprozessen ohne lange Projektlaufzeiten und Customizing. »Die Nutzung der ECM-Lösung auf jedem Gerät an jedem Ort zu jeder Zeit inklusive einer durchgängigen Digitalisierungskette etabliert sich beispielsweise mittels Scandienstleister für die verbleibende tägliche Briefpost oder Lösungen zum Abrufen von digitalen Rechnungen aus Portalen. Durch einen hohen Automatisierungsgrad – zum Beispiel durch KI/AI unterstützte Crowd-Learning-Technologien zur automatischen Ablage, Datengewinnung und Übergabe an Drittsysteme – ergibt sich eine maximale Wertschöpfung.«

Auch Kendox ist laut Terzer bestrebt, die vollständige Transformation zu einem Cloud-Lösungsanbieter für digitale Dokumente und intelligente Prozesse in den nächsten zwei bis drei Jahren zu erreichen. »Wir arbeiten daran, das von uns betriebene »virtuelle Rechenzentrum« mit physikalischer Basis in Deutschland laufend zu erweitern und die Bandbreite der Lösungsangebote zu erhöhen. Insbesondere haben wir Services für die intelligente Dokumentenanalyse verfügbar gemacht, im Weiteren solche für die automatisierte Übersetzung von Bezeichnungen von Konfigurationselementen, aber auch Inhalten von mehrsprachig definierten Eigenschaften (Indexfelder) in viele Sprachen.«

Generell ist zu beobachten, dass viele ECM-Anbieter ihr Angebot und entsprechende organisatorische Strukturen in Richtung Cloud umbauen. Systeme werden flexibler und spezifische Lösungen wie die Informationserfassung durch mobile Geräte, HR-Lösungen für Urlaubsanträge und Raumbelegungspläne gibt es immer öfter als cloudbasierte Apps. ECM-Hersteller wie Opentext, d.velop und M-Files bilden hierzu eigene Communities und App-Stores, in denen auch Partner und Kunden ihre Apps anbieten können, die sich ebenfalls von On-Premises-Kunden nutzen lassen. Selbst wenn Anwender nicht komplett auf cloudbasierte Lösungen setzen wollen, werden Cloud-Technologien und –Lösungen ihre Systeme bereichern – sofern die Basis zumindest cloud-orientiert arbeitet.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.